Eine große Resonanz rief der Infostand hervor: Unter dem Motto »Kreativität statt Leerstand« machten die Initiativen »Faites votre jeu!« und »Zukunft Bockenheim« auf sich aufmerksam. Foto: zib

Bockenheim – Eine große Resonanz rief der Infostand in Bockenheim hervor: Unter dem Motto »Kreativität statt Leerstand« gab es am 10. Januar einen gemeinsamen Infostand der Initiative »Faites votre jeu!« und der Stadtteilinitiative Zukunft Bockenheim.

Beide Initiativen kritisieren den Leerstand von Gebäuden in Frankfurt und insbesondere in Bockenheim. Mit der Darstellung ihrer Anliegen stießen sie dabei auf großes Interesse und Zustimmung. Die Initiative »Faites votre jeu!« informierte mit einer kleinen Ausstellung und Informationsmaterial über ihr Projekt. Am 2. August hatte sie das seit sieben Jahren leerstehende und dem Verfall überlassene Haus in der Varrentrappstraße 38 besetzt und dort ein selbstverwaltetes, unkommerzielles Kunst- und Kulturzentrum eingerichtet. Inzwischen wurde die Initiative allerdings von der zuständigen grünen Bildungsdezernentin Jutta Ebeling dazu aufgefordert, das Haus bis zum 15. Januar zu verlassen.

Nora Wildner, Sprecherin der Initiative: »Es liegt in der Verantwortung der Stadt, dass so ein tolles Gebäude so lange leer stand und verfiel. Das Haus wurde inzwischen von zahlreichen Helfer/-innen instand gesetzt und wird vielseitig genutzt. Die Begeisterung, die uns hier heute entgegengebracht wurde, bestärkt uns noch einmal in unserem Entschluss, das Haus nicht zu verlassen und das Zentrum in der Varrentrappstraße weiter zu betreiben.«

Es wurden mehrere hundert Postkarten verteilt, die unterschrieben an die Stadtverordnetenversammlung gesandt werden sollen. Die Unterzeichner fordern damit den Erhalt des Projekts in der Varrentrappstraße. Knapp hundert Karten wurden sofort am Stand unterzeichnet. Weitere wurden zudem in verschiedenen Geschäften in Bockenheim ausgelegt.

Dass die Initiative ihre Räume verlassen soll, wird mit dem Raumbedarf der angrenzenden Schule für Bekleidung und Mode begründet. Allerdings besteht dieser schon seit Jahren und die Stadt hat es versäumt das Gebäude für die Schule nutzbar zu machen, stattdessen hat sie es verfallen lassen. Anette Mönich von der Initiative Zukunft Bockenheim betonte noch einmal, dass es bei über zehn Prozent Leerstand von gewerblichen Räumen möglich sein müsste, adäquate Räumlichkeiten für die Verwaltung der Schule zu finden: »Die Initiative ,Faites votre jeu!’ sollte auf jeden Fall in der Varrentrappstraße bleiben, das Gebäude eignet sich hervorragend für deren Projekte. Räumlichkeiten für die Verwaltung der Schule sind mit Sicherheit in der Nähe zu finden.«

Die offensichtlichen Folgen des Leerstands spüren die Anwohner und Besucher nun schon seit über acht Jahren. Der ehemalige Kaufhof auf der Leipziger Straße, der seit sieben Jahren Baustelle ist, ist zu einem Symbol von negativer Veränderung einer lebendigen Straße geworden. Die Initiative Zukunft Bockenheim wendet sich deshalb jetzt erneut an die OB und die Stadtverordneten. Jutta Schaaf erläuterte: »Falls es nicht gelingen sollte, die Immobilie Kaufhof durch den Eigentümer einer sinnvollen Bewirtschaftung zuzuführen, sollte die Stadt bei einem Gebäude mit so zentraler Bedeutung selbst die Initiative ergreifen. Beispielsweise könnte mit Hilfe der Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt, in Kooperation mit dem Besitzer durch Einbeziehung des Einzelhandelsverbands und der Organe im Stadtteil eine sinnvolle Bewirtschaftung des Objekts ermöglicht werden.«

Ein weiteres großes Thema ist die Sorge um den Stadtteil, wenn in wenigen Jahren die Goethe-Universität an den neuen Campus umgezogen ist. Anette Mönich sagte dazu: »Die Bewohner_innen sind besorgt, wie sich der Stadtteil entwickelt, wenn die Uni weg ist. Es besteht die Gefahr, dass ockenheim viel von seiner Lebhaftigkeit einbüsst. Das Kunst- und Kulturzentrum in der Varrentrappstraße 38 ist ein Projekt, das man daher nur begrüssen kann. Bockenheim braucht junge kreative Menschen und keinen Stillstand und Leerstand.«

Dabei beruft sich sie Initiative auf die Erfahrung vieler Städte, in denen sich die Anwesenheit und Arbeit von Kreativen sowie deren Förderung sehr vorteilhaft auf die Entwicklung von Stadtteilen ausgewirkt hat. »Kreativität lässt sich aber nicht verordnen, wenn sie da ist, sollte sie begrüsst und gefördert werden. Das sollte die Maxime einer modernen Stadtentwicklung sein. Jetzt hat die Stadt Frankfurt Gelegenheit mit dem Schwung der jungen Kreativen hier Grundlagen für die Etablierung einer jungen Kunstszene in Bockenheim zu legen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine auch wirtschaftlich sinnvolle Entwicklung des Quartiers Bockenheim«, merkte Jutta Schaaf an. zib

Umschau (Das Blättche), 16.01.2009

Vorheriger ArtikelPerspektive für Besetzer
Nächster ArtikelSolidarnosc in Bockenheim: Kunststudenten von Städelschule und HfG im JUZ