Früher Schauplatz schlimmer Schicksale, heute Kulturzentrum: Das Klapperfeld. (Bild: Monika Müller)

Die Gruppe Faites votre jeu wehrt sich gegen den Abriss des ehemaligen Polizeigewahrsams

Wahrscheinlich kann man sagen: Sie sind ein bisschen heimisch geworden hier. So heimisch man eben werden kann an einem Ort, der so unwirtlich ist wie das ehemalige Polizeigewahrsam in der Klapperfeldstraße nahe der Konstablerwache. Die unabhängige Künstlerinitiative Faites votre jeu hat sich wahrlich nicht leicht getan, den fahlgelben Klotz zu beziehen.
Nur unter Protest ist die Gruppe vor einem Jahr vom besetzten ehemaligen Jugendzentrum in Bockenheim in das schwer zu heizende Gebäude im Herzen der Innenstadt gewechselt.

Jetzt scheint es allerdings, als ob das Kulturzentrum hinter den dicken Mauern doch nur eine vorläufige Einrichtung bleiben wird. Das Innenstadtkonzept der Frankfurter Stadtplaner sieht vor, das Klapperfeld abzureißen und durch ein Büro- und Geschäftsgebäude zu ersetzen. Das kommt nun ausgerechnet in dem Moment ans Licht, als klar ist: Faites votre jeu hat den Ort, hat die besondere historische Bedeutung des Orts offenbar angenommen – und setzt sich produktiv und in großer Ernsthaftigkeit mit ihm auseinander.

Im August 2009 hat Faites votre jeu den ersten Teil einer Dauerausstellung eröffnet, die auf Infotafeln und in Zeitzeugen-Videos die Verwandlung des düsteren Un-Orts zwischen Zeil und Gericht in verschiedene Schauplätze von Tragödien thematisiert: preußisches Polizeipräsidium von 1886 an, Gestapo-Gefängnis, Polizeigewahrsam für Festgenommene, etwa auf den Studentendemonstrationen der späten 60er Jahre, Abschiebeknast. Bereits im 16. Jahrhundert stand an dieser Stelle ein Pest- und später ein Armen-, Waisen- und Zuchthaus. Eigentlich waren noch viele weitere Ausstellungen geplant.

»Die Auseinandersetzung mit der über 115-jährigen Gefängnisgeschichte begreifen wir als kontinuierlichen Prozess«, sagt Gruppenmitglied Maja Koster. Dieser Prozess sei »integraler Bestandteil unseres Projekts« geworden und auf Dauer angelegt. Maja Koster und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter rekonstruieren ohne Unterlass in mühevoller ehrenamtlicher Arbeit, in langen Gesprächen mit Zeitzeugen und ständig auf der Suche nach Dokumenten die Geschichte des »Klapperfelds« – die trotz der zentralen Lage von Seiten der Stadt bislang nur wenig beleuchtet wurde. „Wir halten es aber für unerlässlich, dass dieser Teil der Frankfurter Geschichte erhalten und allen interessierten Menschen zugänglich bleibt“, sagt Maja Koster. Die Abrisspläne werde Faites votre jeu keinesfalls hinnehmen. Faites votre jeu hat das alte Gefängnis in Eigenregie renoviert, betreibt dort eine Kneipe und lädt zu Filmabenden und Diskussionen ein.

Zeitzeugen online zuhören

Planungsdezernent Edwin Schwarz bestätigt auf Anfrage, dass ein Abriss vorgesehen ist. »Das Grundstück ist aus dem Besitz des Landes Hessen in den Besitz der Stadt übergegangen – für die Stelle ist ein Büro- und Geschäftsgebäude vorgesehen.« Wann das geschehen soll, stehe allerdings noch in den Sternen. »Der Gruppe würden wir in diesem Fall natürlich andere Räume als Alternative anbieten.«

Seit neuestem existiert das Klapperfeld nicht nur als steinerner Schauplatz von Folter, Demütigung und Angst. Sondern auch als virtuelle Erinnerung an Menschen wie Hans Schwert. Schwert wurde von der Gestapo im Klapperfeld misshandelt. Interviews mit ihm und anderen Zeitzeugen aus verschiedenen Epochen kann man sich jetzt online auf der Webseite www.klapperfeld.de anschauen.

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Frankfurter Rundschau, 30.03.2010
Von Anne Lemhöfer

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