Mit Bildern von bekannten und unbekannten Antifaschisten wird im Klapperfeld dem Widerstand gegen die Nazis ein Gesicht geben. Einige der Porträtierten saßen selbst in dem ehemaligen Gestapo-Gefängnis ein.

Die junge Frau auf dem Bild blickt den Betrachter ruhig, fast zuversichtlich an. Den Kopf hat sie in ihre linke Hand gestützt. Im Text neben dem in kräftigen Blautönen gestalteten Porträts kann man lesen, dass sie Gertrud Grünewald heißt, 1917 in Frankfurt geboren wurde und noch heute lebt. Als Gewerkschafterin wurde sie von den Nazis eingekerkert, nach dem Krieg berichtete sie in Zeitzeugen-Gesprächen aus ihrem Leben.

Das Bild von Gertrud Grünewald ist eins von knapp 30 Linolschnitt-Porträts von Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus, die man seit gestern im früheren Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße sehen kann. Das Gebäude wird seit 2009 von der Initiative „Faites votre jeu“ als linkes Polit- und Kulturzentrum bespielt. In der Ausstellung werden Bilder unbekannter und bekannter Antifaschisten gezeigt, darunter auch die Schriftstellerin Anna Seghers, der FR-Mitbegründer Emil Carlebach und Hans Schwert (s. Bild), der als junger Gewerkschafter und Kommunist von der Gestapo im Klapperfeld gefoltert wurde und 2013 hochbetagt in Frankfurt starb.

Geschaffen haben die Ausstellung Mathias Meyers und Thilo Weckmüller. Der Sozialarbeiter Meyers forscht schon lange zum Widerstand gegen die Nazis und brachte den Mainzer Künstler Weckmüller mit Widerstandskämpfern und Zeitzeugen zusammen. Die Gespräche hätten ihn sehr beeindruckt, sagt Weckmüller – so sei erstmals 2008 die Idee entstanden, mit einer Porträt-Ausstellung „dem Widerstand ein Gesicht zu geben“ und damit gerade solche Antifaschisten zu ehren, „die sonst noch kaum Erwähnung gefunden haben“.

Einige der Porträtierten saßen im Klapperfeld ein

Durch Meyers Recherchen entstehen bis heute neue Porträts, die schon mehrfach gezeigte Reihe wächst weiter. Die Bilder seien bewusst nicht in „nostalgischen Grau- und Brauntönen“, sondern bunt gestaltet, damit sie auch für junge Menschen ansprechend seien, erklärt Weckmüller. Meyers sagt, es freue ihn, dass die Bilder im Klapperfeld gezeigt würden – einige der Porträtierten hätten hier schließlich eingesessen.

Die Initiative „Faites votre jeu“ setzt sich schon seit 2009 mit der Geschichte des Gebäudes auseinander. Derzeit werde an einer neuen Ausstellung gearbeitet, in der die Gefangenen-Inschriften aus dem zweiten Stock übersetzt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden, sagt Maja Koster von „Faites votre jeu“. Im zweiten Stock saßen noch bis 2001 Abschiebehäftlinge ein. Was sie an Gedanken und Hoffnungen an die Wände gekritzelt haben, wird dann ab Januar zu sehen sein – unter dem Titel „Raus von hier“.


Frankfurter Rundschau, 24.10.2014
Von Hanning Voigts

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