"Freiheit für alle politischen Gefangenen": Etwa 350 Menschen demonstrieren in Frankfurt für vier Männer, denen die Beteiligung an Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg vorgeworfen werden. (Foto: Michael Schick)

Rund 350 Menschen demonstrieren in der Frankfurter Innenstadt für vier Männer aus dem Rhein-Main-Gebiet, die bei G20 randaliert haben sollen.

Rund 350 Anhänger der linksradikalen Szene sind am frühen Donnerstagabend durch die Innenstadt gezogen, um die Freilassung von vier jungen Männern aus Frankfurt und Offenbach zu fordern, denen die Beteiligung an Ausschreitungen beim G20-Gipfel vor genau einem Jahr in Hamburg vorgeworfen wird. Mit lauten Parolen wie „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ oder „Die ganze Welt hasst die Polizei“ liefen die Demonstranten, die sich ab 17 Uhr vor dem autonomen Kulturzentrum Klapperfeld im Gerichtsviertel versammelt hatten, über die Konstablerwache, die Berliner Straße und den Willy-Brandt-Platz bis zum Kaisersack gegenüber vom Hauptbahnhof. Die Polizei begleitete den Demonstrationszug lediglich mit wenigen Beamten, die Situation blieb bis zum Ende des Zugs gegen 19 Uhr friedlich.

In unterschiedlichen Redebeiträgen forderten Aktivisten die sofortige Freilassung der vier Männer im Alter von 17, 18, 21 und 24 Jahren, die am Mittwoch vergangener Woche in Frankfurt und Offenbach verhaftet und unmittelbar danach nach Hamburg gebracht worden waren. Zwei von ihnen sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß, die anderen beiden sitzen weiterhin in Hamburg in Untersuchungshaft. Die Hamburger Staatsanwaltschaft wirft allen vier Männern unter anderem schweren Landfriedensbruch und Brandstiftung vor. Sie sollen während des G20-Gipfels an Krawallen in der Elbchaussee im Stadtteil Altona beteiligt gewesen sein, bei denen nach Polizeiangaben 220 vermummte Menschen Autos angezündet und Schaufensterscheiben eingeschlagen hatten.

Für die Teilnehmer der Demonstration, zu der ein eigens für die vier Verhafteten gegründetes „Solidaritätsbündnis“ aufgerufen hatte, sind die Festnahmen Teil einer umfassenden Repressionswelle der Justizbehörden gegen die linke Szene. Die „repressive Politik“ von Polizei und Staatsanwaltschaft setze das „unrechtmäßige Vorgehen“ der Hamburger Polizei und der lokalen Versammlungsbehörde während des G20-Gipfels fort, sagte Christian Linden, Pressesprecher der Veranstalter, der Frankfurter Rundschau. Man versuche, das harte Vorgehen gegen Protestierer, das Verbot ihrer Camps und den polizeilichen Angriff auf die Demonstration mit dem Motto „Welcome to Hell“ nachträglich zu legitimieren. „Natürlich darf am Ende nicht herauskommen, dass die Scharfschützen im Hamburger Schanzenviertel ungerechtfertigt waren“, sagte Linden. „Es muss dafür irgendwelche Gründe gegeben haben.“ Man verstehe das harte Vorgehen gegen linke Strukturen auch als Teil des aktuellen gesellschaftlichen Rechtsrucks. Mit dem Agieren von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der Asyldebatte sei der Rechtspopulismus mittlerweile in der Bundesregierung angekommen.

In Parolen und Redebeiträgen wurde deutlich, dass es vielen der Teilnehmer nicht nur um die aktuellen Verhaftungen ging. In Sprechchören wurde die Aufhebung des Verbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK gefordert, Redebeiträge thematisierten das Vorgehen gegen linke Projekte in Göttingen und Berlin oder kritisierten das umstrittene Polizeiaufgabengesetz in Bayern. 


Frankfurter Rundschau, 05.07.2018
Von Hanning Voigts

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