Der folgende, von unseren Anwält_innen verfasste Brief wurde heute als Antwort auf Jutta Ebelings Schreiben vom 23. Dezember 2008 an die Grüne Bildungsdezernentin versendet. Die Initiative »Faites votre jeu!« hat bereits in der Pressemitteilung von 1. Januar 2009 Stellung zu dem Brief genommen.

Stadt Frankfurt am Main
Frau Jutta Ebeling
Bürgermeisterin
Dezernentin für Bildung und Frauen
Römerberg 23
60311 Frankfurt am Main

Vorab per Telefax: 212 – 3 07 22
(ohne Anlagen)

Frankfurt am Main, den 07.01.2009

Liegenschaft
Varrentrappstraße 38 in Frankfurt am Main-Bockenheim

Sehr geehrte Frau Ebeling,

mit Interesse hat unsere Mandantschaft Ihr Schreiben vom 23.12.2008 zur Kenntnis genommen. Bislang waren Sie ja nicht bereit, persönliche Gesprächsangebote anzunehmen.

Hätten Sie sich derartigen Gesprächen nicht verweigert, so wäre Ihnen auch nicht entgegangen, dass die Frankfurter Rundschau bei der Pressekonferenz am 18.12.2008 nicht beteiligt war. Bislang jedenfalls lehnten die BesetzerInnen Verhandlungen auch nicht ab. Vielmehr wurden detaillierte Vorschläge bzw. der Entwurf einer Vereinbarung übermittelt. Ihr Amt wird Ihnen sicher den entsprechenden Schriftverkehr zugänglich machen.

Auch wird Ihr Amt Ihnen sicher bestätigen, dass eine mündliche Vereinbarung, wie von Ihnen geschildert, niemals getroffen wurde. Niemals gab es eine mündliche Vereinbarung, dass die Liegenschaft bis zum 15.01.2009 geräumt wird.

Möglicherweise haben Sie auch diese unzutreffende Sachverhaltsdarstellung der Frankfurter Rundschau vom 19.12.2008 entnommen.

Der Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 19.12.2008 entspricht nicht der Wahrheit und wurde bereits dementiert.

Dass Sie sich zu Ihren Gunsten auf die augenscheinlich falschen Tatsachen berufen, verwundert hier etwas, zumal Sie den tatsächlichen Sachverhalt kennen müssten.

Da es bislang keine Vereinbarung gibt, kann diese auch nicht eingehalten werden.

Unsere Mandantschaft bewertet es allerdings zunächst positiv, dass Sie, sehr geehrte Frau Ebeling, offensichtlich nunmehr doch bereit sind, sich direkt mit den BesetzerInnen auseinander zu setzen.

Was Ihren Vortrag zu dem Thema Ersatzliegenschaften anlangt, so verweisen wir diesbezüglich auf die Pressemitteilungen unserer Mandantschaft, insbesondere diejenige vom 01.01.2009.

Sämtliche Pressemitteilungen können Sie der Homepage unserer Mandantschaft unter unter http://www.faitesvotrejeu.tk zu entnehmen.

Die Ersatzliegenschaft in Frankfurt am Main-Rödelheim, Lorscherstraße 94, kam schon wegen der dezentralen Lage nicht in Betracht. Diese Liegenschaft befindet sich außerhalb des Kernbereichs von Rödelheim und ist nur sehr schlecht an das öffentliche Nahverkehrssystem angebunden. Für die Zwecke unserer Mandantschaft war das Objekt daher gar nicht geeignet. Außerdem handelte es sich bei der Liegenschaft um ein Wohnhaus. Die Initiative unserer Mandantschaft ist eine Kulturinitiative, die unter anderem von öffentlichen Veranstaltungen getragen wird, was bedeutet, dass nur Räume von bestimmter Größe an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut angebundenen Ort in Betracht kommen.

Dieser Sachverhalt wurde aber ebenfalls mit Ihrer Behörde bereits eingehend erörtert.

Soweit Sie auf die Situation der Schule für Mode und Bekleidung verweisen, so soll deren Situation nicht verkannt werden.

Allerdings ist, wie es in Ihrem Schreiben anklingt, ein Ausspielen verschiedener sozialer Gruppen (benachteiligte Frankfurter SchülerInnen) zumindest politisch unredlich.

Außerdem bestand seitens des Bildungsdezernates jahrelang kein besonderes Interesse die angebliche Notsituation der Schule schnell zu beseitigen. Die Räumlichkeiten in der Varrentrappstraße standen jahrelang leer. Erst nach der Besetzung hat die Stadt Gelder bewilligt. Dieses mutet schon seltsam an, zumal nach Ansicht der Unterzeichnerin unklar ist, ob mit dem bewilligten Haushaltsetat eine Renovierung, wie sich die Schule dieses vorstellt, überhaupt finanziert werden kann.

Darüber hinaus ist es einfacher für die Schule Ersatzräume in unmittelbarer Nähe zu finden, wie z.B. im nahe gelegenen Carl-Bosch-Haus, Varrentrappstraße 40-42.

Die Initiative unserer Mandantschaft nutzt die Räumlichkeiten im traditionellen Sinne fort. Das Juz Bockenheim besteht/bestand seit 30 Jahren als Jugend-, aber auch als Kulturinitiative. Dieser Standort sollte im Sinne der Stadt Frankfurt erhalten bleiben.

So haben sich Personen und Organisationen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Bereichen mit dem Anliegen unserer Mandantschaft solidarisch erklärt.

Damit Ihnen auch hierüber ein Überblick verschafft werden kann, haben wir uns erlaubt, die entsprechenden Solidaritätserklärungen beizufügen.
So sei aus den Solidaritätserklärungen nur folgendes zitiert:

Prof. Dr. Abels (Chefdramaturg der Oper Frankfurt): „…Gerade Frankfurt mit seiner liberalen und kosmopolitischen Tradition sollte eine solche Initiative maßgeblich unterstützen, denn sie ist eine Bereicherung für die Stadt.“

Prof. Dr. M. Brumlik: „ … Ein von Schülern und Studierenden getragenes Kunst- und Kulturzentrum mit politischem Anspruch in unmittelbarer Nähe der Universität hat die große Chance, der durch technokratische Steuerung des Studiums verursachten Lähmung demokratischer Lebensformen substantiell etwas entgegenzusetzen. Dabei ist Ihnen bewusst, dass die Besetzung angesichts der Eigentumsverhältnisse der Liegenschaft nicht unproblematisch ist. Indes: offensichtlich konnte die Stadt als Eigentümerin lange Jahre ohne Nutzung der Liegenschaft auskommen. …“

Prof. Michael Krebber (amtierender Direktor, HfBK Städelschule Frankfurt/Main): „Ich bin solidarisch mit der Initiative „Faites votre Jeu!“, gegen eine Anzeige und gegen die Räumung des Hauses Varrentrappstraße 38. Eine solche Initiative wird in Frankfurt gebraucht.“

In diesem Sinne sind sämtliche Solidaritätserklärungen formuliert.
Mit freundlichen Grüßen

Vorheriger Artikel09.01.2009 – 19 Uhr: Ausstellungseröffnung »The Real Estate Show«
Nächster ArtikelOffener Brief an Jutta Ebeling – Bürgermeisterin / Dezernentin für Bildung und Frauen Einladung zur Ausstellungseröffnung »The Real Estate Show« der Free Class FFM am 9. Januar um 19Uhr