Sonderausstellung »Ästhetik des Widerstands – Klassenkampf und Revolution im Maßstab 1:35« vom 28. April bis zum 19. Mai im Klapperfeld

Am 28. April um 15 Uhr eröffnet die Initiative »Faites votre jeu!« gemeinsam mit dem Kölner Künstler Matthias Schmeier die Ausstellung »Ästhetik des Widerstands – Klassenkampf und Revolution im Maßstab 1:35«.

Während dieser dreiwöchigen Sonderausstellung in den Ausstellungsräumen des Klapperfelds bekommen die Besucher_innen die Möglichkeit, die von Matthias Schmeier geschaffenen Dioramen zu sehen. In den zwischen 1988 und 2012 entstandenen Modellbauwelten im Maßstab 1:35 bildet der Künstler historische Ereignisse detailbegeistert und realitätsnah nach. Die aus­gestellten Nachbauten zeigen unter anderem München zur Zeit der Räterepublik, Szenen aus dem Spanischen Bürgerkrieg, den Prager Frühling, Szenen aus dem Vietnamkrieg und die Belagerung Sarajevos. Darüber hinaus informieren Tafeln über die Hintergründe der dargestellten Szenen.

Bisher waren die Werke von Matthias Schmeier erst zweimal öffentlich ausgestellt worden – im Juni 2011 beim Popdesignfestival in Köln-Ehrenfeld und im September 2011 in einer Düsseldorfer Buchhandlung. Umso erfreuter zeigte sich Maja Koster von »Faites votre jeu!« über die gemeinsam mit Matthias Schmeier organisierte Ausstellung: »Wir freuen uns, die Dioramen von Matthias Schmeier ausstellen zu dürfen. Die von ihm geschaffenen Modellbauwelten ermöglichen einen einmaligen Blick auf die dargestellten historischen Ereignisse. Dadurch eröffnen sie den Betrachter_innen einen neuen Zugang zur historisch-politischen Auseinandersetzung.«

Matthias Schmeier zeigte sich ebenfalls erfreut, dass seine Dioramen jetzt in Frankfurt zu sehen sind: »Es ist toll, dass die Initiative ›Faites votre jeu!‹ meine Dioramen im Klapperfeld ausstellt. Das ehemalige Polizeigefängnis als historischer Ort und seine jetzige Nutzung als selbstverwaltetes Zentrum in dem sich kritisch mit Vergangenheit und Gegenwart beschäftigt wird, scheint mir ein besonders gut geeigneter Ort für meine Dioramen zu sein. Zumal mein zuletzt fertiggestelltes Diorama einer Frankfurter Autonomen­demo nach dem Tode Günter Sares‘1 in einem direkten Zusammenhang zur Geschichte des Klapperfelds steht. Denn dort wurden auch die Menschen in Gewahrsam genommen, die nach Günter Sares Tod ihren Protest auf die Straße getragen hatten.«

Begleitend zur Ausstellung organisiert die Initiative »Faites votre jeu!« Veranstaltungen zum Thema Repression und Polizeigewalt. So werden am Donnerstag, den 3. Mai Zeugen des damaligen Geschehens über den Tod Günter Sares‘ und die nachfolgenden Ereignisse berichten. Am Mittwoch, den 9. Mai wird der an der Frankfurter Goethe-Universität lehrende Dr. Daniel Loick einen Vortrag zum Thema »But who protects us from you? Zur Kritik der Polizei« halten. Beide Veranstaltungen beginnen um 19.30 Uhr Weitere Veranstaltungen sind in Planung und werden auf der Website asthetikdeswiderstands.klapperfeld.de veröffentlicht.

Die Sonderausstellung kann vom 28. April bis 19. Mai 2012 zu den folgenden Öffnungszeiten besucht werden:
Dienstag: 17 – 20 Uhr | Mittwoch: 10 – 13 Uhr | Samstag: 15 – 18 Uhr | Sonntag: 15 – 18 Uhr
Eintritt frei, Spenden erwünscht!

Während der Öffnungszeiten kann auch die erweiterte Dauerausstellung zur Geschichte des Klapperfelds besucht werden. Gruppen oder Schulklassen, die die Ausstellungen außerhalb der regulären Öffnungszeiten besuchen möchten, können gerne einen Termin vereinbaren (0163 9401683 oder info[ät]klapperfeld.de).


Weitere Informationen zur Ausstellung und dem Begleitprogramm unter: http://asthetikdeswiderstands.klapperfeld.de

Fotografien zur freien Verwendung
Unter http://asthetikdeswiderstands.klapperfeld.de/fotos_presse.zip können Presseverterter_innen Fotografien der Modelle von Matthias Schmier herunterladen. Die Bilder dürfen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ausstellung frei verwendet werden. Wenn möglich, bitte folgende Bildquelle nennen: © Matthias Schmeier


Anhang:

Flyer zur Ausstellung »Ästhetik des Widerstands – Klassenkampf und Revolution im Maßstab 1:35«

  1. Eine ausführliche Dokumentation zum Tode Günter Sares‘ und den nachfolgenden Ereignissen gibt es auf http://www.antifa-frankfurt.org/Sare/Doku/titel.html [zurück]


Pressemitteilung als pdf: download

Gruppenausstellung: SECHS.

5. bis 15. April 2012

Sebastian Heß (Fotografie)
Steffen Merte (Drucktechnik)
Katharina Müller [Kamü] (Zeichnung)
Griseldis Schreck (Malerei, Zeichnung, Installation)
Volker Steinebrunner (Pochoir)
Aleksandra Szafiejew (Glaskunst)

Who the fuck are we? Nice to be here. Zwischen Vivisection und der Frage, was man überhaupt will und der Antwort, die verrückt ist, weil sie überhaupt entsteht, wird sich das Künstlerkollektiv Anfang April in den Räumen des ehemaligen Klapperfeld-Gefängnisses präsentieren. Sechs Menschen, sechs unterschiedliche Zugänge zu sich und der Welt.

Vernissage
05. April 2012, 19.00 bis 23.00 Uhr
musik. support: MIGHTY THE MIGHTY (f)

Öffnungszeiten
Täglich 16:00 – 20:00 Uhr

Finissage
15. April 2012, 15:00 Uhr
musik. support: anna malina (f)

Weitere Infos auf der Website zur Ausstellung: sechs.blogsport.de

Infos zu M31

Diesen Samstag, am 31. März 2012 findet in Frankfurt der Europäische Aktionstag gegen den Kapitalismus »M31« statt. Auch das Klapperfeld wird an diesem Tag von 13 bis 19 Uhr als Anlaufstelle und Infopoint geöffnet sein. Natürlich ist auch die Dauerausstellung zu Geschichte des ehemaligen Polizeigefängnis wie gewöhnlich von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

Hier noch einmal kurz zusammengefasst die wichtigsten Infos zur Demo und den Anlaufpunkten im Frankfurt:

Startpunkt der Demo: Sa. 31.03.2012 – 14:00 Uhr – Hauptbahnhof – Frankfurt/Main (Mehr Infos zur Demo)+

Infotelefon: 0176 / 51 67 29 90 (ab 31.03 / ab 11 Uhr aktiv)

Pennplatzbörse: 0178 / 80 15 599 (ab 31.03 / ab 11 Uhr aktiv)

Twitter-Account des Infobüros: @m31ffm

EA: 0160 / 95 65 74 26 (EA Frankfurt)

Infopoints:
1. Paul-Arnsberg-Platz (nach der Demo gibt es hier Vokü)
2. Faites votre jeu! (Klapperfeldstr. 5) (13 Uhr bis 19 Uhr)

Pennplatzbörse: Studierenhaus (Café KOZ)

Interaktive Übersichtskarte
PDF mit allen Infos
(zum Drucken für euch und Genoss_innen) [0,5Mb]

Die aktuellsten Infos findet ihr auf march31.net

Soli-Transpis für Sonja Suder und Christian Gauger

Pünktlich zum 18. März, am Aktionstag für die Freiheit aller politischen Gefangenen, wurde am Klapperfeld feierlich ein Transparent enthüllt, das Freiheit für Sonja und Christian fordert.

Weitere Informationen zum Prozess gegen Sonja und Christian findet ihr auf der Website des Solikomitees: www.verdammtlangquer.org

Erinnerung gegen die Nation. Keine Versöhnung mit Deutschland!

Foto: Oorim | heise.de

Ein Beitrag der Initiative »Faites votre jeu!« in der kürzlich erschienenen »Mobilisierungszeitung zum europoaweiten Aktionstag gegen den Kapitalismus«.

Die Großmarkthalle als Beispiel deutscher Erinnerungspolitik

Die Erinnerung an den Holocaust ist inzwischen in hegemonialen nationalen Diskursen wesentlicher Bestandteil des deutschen Selbstverständnisses. Das spiegelt sich in der offiziellen Erinnerungskultur wider, die sich im Laufe der Jahrzehnte den jeweiligen Ansprüchen gemäß verändert hat. Während die Nachkriegszeit noch von Verdrängung der nationalsozialistischen Verbrechen geprägt war, wurde der Holocaust inzwischen zum Bezugspunkt für die deutsche Nation, die ihr Selbstbewusstsein zunehmend auf den Stolz über ihre angeblich vorbildliche Aufarbeitung gründet. Dass es dazu kam, ist Ergebnis politischen Drucks, sei es international oder von Initiativen innerhalb Deutschlands. Diese Entwicklung einfach als Erfolg zu verzeichnen, wäre genauso zu kurz gegriffen, wie die Annahme eine Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit sei per se staatstragend.

Klar ist, dass es einer ernst gemeinten Auseinandersetzung nicht allein um das Erinnern an die Opfer gehen kann. Vielmehr müsste es auch um eine Auseinandersetzung mit den Täter_innen und den Ursachen gehen.

Eine staatstragende Form der Erinnerung beschränkt sich auf moralische Appelle, Formeln und Rituale und versperrt sich einer kritischen Auseinandersetzung. Kontinuitäten geraten aus dem Blick und der Akt der Einsetzung der „demokratischen Grundordnung“ gilt als eindeutiges Ende einer dunklen Vergangenheit.

Gedenkorte werden somit vielfach zu steinernen, metallenen oder in Beton gegossenen Floskeln. So auch der geplante Gedenkort an der EZB auf dem Gelände der ehemaligen Frankfurter Großmarkthalle.

Die Frankfurter Großmarkthalle war lange ein wichtiger Bestandteil der städtischen Infrastruktur. Die gute Verkehrsanbindung zur Versorgung der Stadt diente ab 1941 aber auch für die Deportation von mehr als 10.000 jüdischen Bürger_innen Frankfurts. Weshalb Initiativen dort in den letzten Jahren die Einrichtung eines Gedenkortes forderten. Nun wird auf dem Gelände das neue Gebäude der EZB errichtet, womit größere Umstrukturierungen des ganzen Stadtteils einhergehen. Dabei soll auch ein Gedenkort geschaffen werden.

Einerseits soll das in Form eines Denkmals in der geplanten Parkanlage um das Gebäude erfolgen, ob ein Teil im Keller des Gebäudes zum Gedenkort wird ist unklar, klar ist aber, dass wenn das der Fall ist, dieser nur unter hohen Sicherheitsvorkehrungen betreten werden darf (Anmeldung, Passkontrolle, Kameraüberwachung etc.) Erinnern verkommt hier zur gefälligen Parkdekoration oder wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen abgeschottet, aber zumindest kann niemand sagen, man würde die Geschichte ignorieren.

Erinnerung als kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte

Dass nationale Geschichtsschreibung mit nationalen Interessen in Einklang gebracht wird, ist kein Argument gegen die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern macht diese aus emanzipatorischer Perspektive nur umso wichtiger.

Es gab besondere gesellschaftliche Bedingungen, die Auschwitz ermöglichten und diese leben verändert und unter anderen gesellschaftlichen Voraussetzungen in der Gegenwart weiter und prägen die einzelnen Individuen. So bedarf es eines geschichtlichen Bewusstseins als Resultat einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte. Anstelle floskelhafter Bekenntnisse oder einer Identifikation mit den Opfern im Allgemeinen muss es um die Auseinandersetzung mit dem historisch-gesellschaftlichen und politisch Konkreten gehen. Eine solche Auseinandersetzung wirft Fragen auf, die über das historische Geschehen hinausgehen und Bezüge zur Gegenwart aufzeigen.

Eine Beschäftigung mit der Geschichte beinhaltet daher auch eine Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Formen der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Bei dieser Auseinandersetzung geht es uns nicht um historische Vergleiche, die weder der Analyse der historischen noch der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse dienlich sind. Eine Gleichsetzung unter dem Banner der wissenschaftlich unhaltbaren Extremismustheorie behindert direkt antifaschistische Initiativen, die – wie der Fall der „NSU“ drastisch zeigt – dringend nötig sind.

Es geht darum, eine Lehre aus der Geschichte zu ziehen und Brüche aber auch Kontinuitäten deutlich zu machen. Eine der wesentlichen Fragen, die sich bei der Auseinandersetzung mit der Geschichte ergeben, ist die nach Handlungsspielräumen innerhalb einer Gesellschaft, um sich Ungerechtigkeiten und Repression widersetzen zu können.

Eine Lehre, die aus der Geschichte gezogen werden muss, ist die, dass die Nation als per se auf Ausschließung basierende Gesellschaftsform grundsätzlich zu kritisieren ist. Eine sinnvolle auf deren Überwindung zielende Kritik erfordert darüber hinaus aber eine Analyse der konkreten historischen Bedingungen. Dazu gehört es in Bezug auf die historische Auseinandersetzung und das Gedenken auch, genauer hinzusehen, mit welcher Intention diese stattfinden, denn zunehmend steht Erinnerungspolitik im Einklang mit nationalen Interessen.

In den letzten Jahren wurde die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und das Gedenken an dessen Opfer immer häufiger instrumentalisiert – zur Stärkung nationalistischer Diskurse und/oder zur Rechtfertigung aktueller politischer Interventionen (z.B.: Begründung für den Kriegseinsatz deutscher Truppen im Kosovo). Eine kritische Auseinandersetzung ist folglich von staatlicher Seite kaum zu erwarten. Ein Grund, warum Orte kritischer historischer Auseinandersetzung jenseits staatlicher Abhängigkeiten und Einflussnahme besonders wichtig sind.

Gegen nationales Gedenken und Volksgemeinschaft! Gegen eine nationale Inszenierung der Geschichte!

Faites votre jeu!

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Weitere Infos zum europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus »M31«: www.march31.net

Erklärung der Initiative »Faites votre jeu!« – Für den Erhalt des Institutes für vergleichende Irrelevanz im Kettenhofweg 130

Mit der Ankündigung des Präsidiums der Goethe Universität Frankfurt am Main seine Liegenschaft im Kettenhofweg 130 zu verkaufen, ist das dort befindliche Institut für vergleichende Irrelevanz (kurz: IvI) derzeit akut in seinem Fortbestand bedroht. Die Initiative »Faites votre jeu!« erklärt sich mit den Nutzer_Innen, die das IvI organisieren, solidarisch und unterstützt deren Forderungen nach dem Erhalt des IvI im Kettenhofweg 130 als selbstbestimmt organisierten Raum.

Das IvI befindet sich seit einer Besetzung des ehemaligen Instituts für Anglistik der Universität Frankfurt im Dezember 2003 im Kettenhofweg 130. In den vergangenen 8 Jahren hat sich das IvI zu einem wichtigen Veranstaltungsort für politische Bildungsarbeit und unkommerzielle Kulturprojekte in Frankfurt am Main entwickelt.

Öffentlich zugängliche und selbstbestimmt organisierte Räume wie das IvI zu erkämpfen und zu erhalten ist Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung des städtischen Lebens notwendiger denn je. Sie entwickeln Formen sozialer Teilhabe, die von den städtischen und kommerziellen Kulturinstitutionen nicht angeboten werden.

Selbstbestimmte Aneignung von Theorie, die im IvI unabhängig von Zwängen ökonomischer Verwertbarkeit, Altersbeschränkungen oder zertifizierten Zugangsberechtigungen stattfindet, stellt einen Gegenpol zu Universität und Schule dar, in denen Lernprozesse grundlegend unter sozialen Ausschlüssen und in hierarchischen Verhältnissen, stattfinden und zudem gesellschaftskritische Inhalte in Folge der Ökonomisierung der Hochschulen in zunehmenden Maße keinen Ort mehr in Forschung und Lehre der Universitäten haben.

Das IvI befindet sich in der Nachbarschaft zu einem großen stadtplanerischen Projekt in Frankfurt. Mit der Neubebauung des Campus Bockenheim als »Kulturcampus Frankfurt« verspricht die Stadt einen ›Ort für Alle zu schaffen‹. Wie bei anderen städtebaulichen Großprojekten, wie dem Innenstadtkonzept – wird die darin vorgesehene »Aufwertung« von Stadtteilen jedoch nicht zur Verbesserung der Lebensqualität aller dort lebenden Menschen führen. Stattdessen folgen aus Sanierung oder Neubebauung auch in angrenzenden Lagen zu Mietsteigerungen – die für viele Menschen die Qualität des bloßen Wohnens in der Stadt ebenso sehr, wie die Teilhabe an kulturellen Aktivitäten gefährden. Erst recht sind hier Räume von Nöten, in denen Ansätze eines gemeinsam organisierten Alltagsleben entwickelt werden können und die ein städtisches Leben gegen die gegenwärtigen Entwicklungen des Lebens in der Stadt ermöglichen.

Das IvI schafft einen Ort, der ein kulturelles Zentrum in den Stadtteilen Bockenheim/Westend – welche die Stadt mit dem Kulturcampus plant bereits verwirklicht hat. Mit der gesellschaftskritischen Fundierung der Organisationsweise des IvI ist diesem zugleich ein Moment mitgegeben, das in institutionalisierter Kulturproduktion fehlt. Das IvI ermöglicht kulturelle Produktion und Alltagsleben in einem gesellschaftspolitischen Zusammenhang reflektieren und diskutieren zu können. Um diese Verbindung von kultureller Produktion und Gesellschaftskritik fortzuführen ist es von Bedeutung, dass sich das IvI gerade im Kettenhofweg 130 befindet. Mit der Besetzung des Gebäudes führt das IvI nicht nur den Anspruch der Politisierung des Alltagslebens mit sich, sondern erhält und erinnert an einen Teil der städtischen Geschichte Frankfurts. Als einer der letzten bestehenden Bauten des Architekten Ferdinand Kramer repräsentiert das Institutsgebäude den Versuch in den 1950er Jahren eine antifaschistische Architektur etablieren. Damit steht das IvI im Kettenhofweg 130 gegen eine Stadt Frankfurt, die heute statt der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und Raum für kulturelle Aktivitäten zum Beispiel den Neubau einer Altstadt vorantreibt, für die Fortführung eines anderen Entwurfs der Gesellschaft.

Die Universität Frankfurt am Main versucht sich mit dem Verkauf des Kettenhofweg 130 auf eine billige Weise aus der Verantwortung für die Geschichte der Universität zu stehlen. Der Bockenheimer Campus, hat sich seit den 1970er Jahren zu einem Ort linker, studentischer Kultur, Unter diese Geschichte von Stadt und Universität zieht die Universität Frankfurt, mit dem Umzug auf das historisch eindeutig beschriebenes Gelände der früheren Zentrale der IG Farben AG einen Schlussstrich. Mit dem Verkauf Institut für vergleichende Irrelevanz entledigt sich die Universität zugleich dem Umgang mit einem Stachel der Kritik, der sie stets auf die alte und neu erworbene Geschichte der Universität hingewiesen hat. Das Argument des Präsidiums der Universität die Einnahmen aus dem Verkauf des – mit rund einer Million deutlich unter Wert veräusserten – Institutsgebäudes in die Verbesserung der Lehre zu investieren verstehen wir daher als ein billiges Ablenkungsmanöver.

Interessen eines privaten Investors, die zumindest langfristig auf Rendite ausgelegt sein müssen, lassen sich mit den Interessen eines nicht-kommerziell arbeitenden Projekts sicher nicht vereinbaren. Ein Fortbestand des Institutes für vergleichende Irrelevanz ist nur getragen von öffentlicher Unterstützung und selbstbestimmter Organisation des Institutsbetriebs möglich.

IvI bleibt 4ever im Kettenhofweg 130!
Autonome Zentren überall erkämpfen!

Weitere Infos:

PM des AStAs der Uni Frankfurt vom 22. Februar 2012:

http://www.asta.uni-frankfurt.de/aktuell/_node/show/5553360.html

Online-Petition zum Erhalt des IvIs:

http://www.ipetitions.com/petition/ivi/signatures

Aktuelle Infos direkt vom IVI:

Website: http://ivi.copyriot.com
Facebook: http://www.facebook.com/pages/Institut-f%C3%BCr-vergleichende-Irrelevanz-IvI-Frankfurt-am-Main/139486692753241
Twitter: http://twitter.com/#!/ivi_frankfurt

Abschiebungen verhindern!

Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir hier einen Auftruf von noborderffm:

Aufruf zur Demonstration am Tag X im Frankfurter Flughafen – Gegen die Abschiebung von Nurjana und Nuradil Ismailow/-a!

Die beiden Aktivist*innen Nurjana und Nuradil Ismailow/-a sollen an einem uns unbekannten Datum nach Dagestan abgeschoben werden.

Wir wehren uns dagegen!! Tragt euch in die Alarmliste für die Demo am Tag der Abschiebung ein (ofni.1747039481aritn1747039481a@tse1747039481uqer-1747039481lidar1747039481un-dn1747039481u-ana1747039481jrun-1747039481omed-1747039481x-gat1747039481)!

Nurjana und Nuradil Ismailow/-a wohnen in Gifhorn in Niedersachsen und fühlen sich dort zu Hause. Sie sind politisch in Antira- und Flüchtlingskontexten aktiv und engagieren sich beispielsweise in der Organisation Jugendliche ohne Grenzen. Mit ihrer gesamten Familie zusammen sollen sie nach Dagestan abgeschoben werden. Sie werden von der niedersächsischen Ausländerbehörde als Bedrohung angesehen, weil sie sich mit vielen anderen, von institutionalisiertem Rassismus betroffenen Jugendlichen, gegen diese Verhältnisse wehren.

Ihr Abschiebeziel, Dagestan, ist laut des Jahresberichts von Amnesty International 2011 über Russland ein Krisenherd. Selbstmordattentate von bewaffneten Gruppierungen und ein korrupter Polizeiapparat gehören zur Normalität . Aus welchem Grund müssen sie in ein Land zurückkehren, in dem ihr Leben akut gefährdet wird? Seit diesem Jahr gibt es sogar eine Bleiberechtsregelung für sogenannte gut integrierte Jugendliche. Dennoch will die Ausländerbehörde die entsprechenden Anträge des Rechtsanwalts ablehnen.

Nuradil und Nurjana kamen im Alter von 10 bzw. 12 Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland, weil sie durch die Gewalteskalation zwischen Sicherheitskräften und sogenannten islamistischen Rebellengruppen zur Flucht aus der russischen Teilrepublik Dagestan gezwungen wurden. Das Asylgesuch der Eltern wurde abgelehnt und seit Jahren versuchen die Behörden die Familie zur Ausreise zu zwingen bzw. abzuschieben.

Nurjana und Nuradil sind im deutschen Lagersystem aufgewachsen und haben ihre Schulausbildung hier beendet. Die ehemalige Heimat ihrer Eltern ist ihnen nur aus Berichten im Fernsehen oder Internet über die unzähligen Gewaltverbrechen, terroristischen Anschläge, Unterdrückung aufgrund von Herkunft und Geschlecht bekannt. Auch in dem aktuellen 21-seitigen Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe heißt es zu Dagestan:

»Der Alltag ist immer noch geprägt von Angst, Unsicherheit und Unterdrückung. Menschen werden weiterhin entführt, gefoltert, getötet, willkürlich festgehalten, bespitzelt und bedroht. Solange die Straflosigkeit, die allgegenwärtige Brutalität und Korruption nicht wirksam bekämpft werden, wird sich die Spirale der Gewalt weiter drehen.« (SFH 12.09.2011)

Es ist unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten unbegreiflich, dass Nurjana und Nuradil in ein Land abgeschoben werden, in dem sie gefährdet sind und zu dem sie wenig Bezug besitzen!

Wir wissen das genaue Datum ihrer Abschiebung nicht. Wahrscheinlich ist, dass der Tag X in den nächsten Wochen stattfinden wird und auch, dass er vom Frankfurter Flughafen aus stattfinden wird. Aus diesem Grund rufen wir dazu auf, sich bereitzuhalten und sich kurzfristig an der Aktion am Flughafen zu beteiligen.

Unterstützt die beiden Aktivist*innen und tragt euch in unseren Verteiler (ofni.1747039481aritn1747039481a@tse1747039481uqer-1747039481lidar1747039481un-dn1747039481u-ana1747039481jrun-1747039481omed-1747039481x-gat1747039481) ein, sodass wir euch kurzfristig über die Demonstration am Tag X, dem Tag ihrer Abschiebung, informieren können. Auf diesem Verteiler werden nur die Informationen weitergeleitet, die direkt die Demonstration gegen diese Abschiebung, die wahrscheinlich stattfinden wird, betreffen und anschließend wird er wieder aufgelöst.

Unsere Forderung ist, dass die Abschiebung von Nurjana und Nuradil Ismailow/-a nicht stattfinden und diese Demonstration nicht notwendig sein wird!

Abschiebung ist menschenverachtend!
Kein Mensch ist illegal!

Für weitere Informationen zur Kampagne gegen diese Abschiebung: http://thecaravan.org/ismailow

Solidarität mit dem IvI!

Aus Solidarität mit dem »Institut für vergleichende Irrelevanz« und seinen Nutzer_innen veröffentlichen wir hier deren Pressemitteilung vom 23. Februar 2012 zum anstehenden Verkauf:

Institut für vergleichende Irrelevanz ist verkauft – Stellungnahme der Nutzer_innen

Bei der Senatssitzung am vergangen Mittwoch hat das Präsidium der Goethe-Universität Frankfurt auf Nachfrage des AStA den Verkauf des Gebäudes des Instituts für vergleichende Irrelevanz (im Folgenden: IvI) im Kettenhofweg 130 angekündigt. Die Nutzer_innen des 2003 im Rahmen der Studierendenproteste besetzten Gebäudes zeigten sich irritiert. Nachdem die Universitätsleitung die Arbeit des Instituts seit über acht Jahren geduldet hat, sind die Nutzer_innen davon ausgegangen, dass sie über Pläne zur Zukunft des Gebäudes als erste informiert werden.

»Auch wenn uns das Vorgehen der Universitätsleitung nicht überrascht, sind wir wütend, ein weiteres Mal vollkommen übergangen worden zu sein« sagt Sabine Winter, eine der Mitbegründer_innen des Instituts. »Das Ivi ist ein zentraler Bestandteil der studentischen Selbstorganisation und Kultur in Frankfurt geworden. Gerade jetzt, wo für studentische Initiativen kaum noch Raum vorgesehen ist, ist das Ivi unverzichtbar.« Mit dem Umzug der Universität gehe der öffentliche Charakter, der den Campus Bockenheim prägte, verloren.

Durch die kontinuierliche Arbeit hat sich das IvI zu einem Ort der Verbindung von Wissenschaft, studentischer Kultur und städtischer Öffentlichkeit entwickelt. Eine Vielzahl an Gruppen und Initiativen nutzt das IvI für Konzerte und Ausstellungen, Lesekreise und Vorträge, Kongresse und Parties. Die offene und demokratische Organisation des Projekts korrespondiert dabei mit der Idee der demokratischen Architektur Ferdinand Kramers, die für Transparenz und den Abbau von Hierarchien steht. Das Gebäude, das durch den Umzug der Geisteswissenschaften auf den IG Farben Campus mehrere Jahre leer stand, wurde und wird durch die Besetzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. »Die Teilnahme im IvI ist prinzipell offen und nicht an Status und soziale Herkunft gebunden. Das klingt vielleicht etwas altbacken, aber das ist nicht selbstverständlich«, so Benjamin Walter, ein Schüler, der seit kurzem im Institut aktiv ist.

Die Planungen für das Programm 2012 seien im vollen Gange. Krista Herns, eine Mitarbeiterin des Instituts, teilte mit: »Unsere Arbeit ist langfristig angelegt. Deshalb fordern wir, dass die Zukunft des Instituts nicht über unsere Köpfen hinweg entschieden wird. Die Universität und die Stadt Frankfurt sollten endlich zur Kenntnis nehmen, wie wichtig das Projekt Ivi für städtisches und studentisches Leben in Frankfurt ist. Das IvI muss dauerhaft erhalten werden!«
Kritisches Denken braucht – und nimmt sich – Zeit und Raum.

Weitere Infos:

PM des AStAs der Uni Frankfurt vom 22. Februar 2012:
http://www.asta.uni-frankfurt.de/aktuell/_node/show/5553360.html

Online-Petition zum Erhalt des IvIs:
http://www.ipetitions.com/petition/ivi/signatures

Aktuelle Infos direkt vom IVI:
Website:
http://ivi.copyriot.com
Facebook: http://www.facebook.com/pages/Institut-f%C3%BCr-vergleichende-Irrelevanz-IvI-Frankfurt-am-Main/139486692753241
Twitter: http://twitter.com/#!/ivi_frankfurt

IvI bleibt!

Ausstellung »Die Internationalen Brigaden in San Pedro de Cardeña. Gefängnis und Widerstand.« vom 29. Januar bis zum 11. Februar 2012 im Klapperfeld zu Gast

Die Initiative »Faites votre jeu!« präsentiert vom 29. Januar bis zum 11. Februar 2012 die Ausstellung »Die Internationalen Brigaden in San Pedro de Cardeña. Gefängnis und Widerstand.«. Im Klapperfeld wird sie erstmals in deutscher Übersetzung zu sehen sein. Ihren Auftakt hatte die Ausstellung im Oktober 2011 im spanischen Burgos, um anlässlich des 75. Jahres­tages der Eröffnung des Konzentrationslagers1 San Pedro de Cardeña den Gefangenen und ihrem Kampf gegen den Faschismus ein Denkmal zu setzen.

Das Konzentrationslager San Pedro de Cardeña war von Ende 1936 bis Anfang 1940 in Betrieb. In dem zum Lager umfunktionierten Kloster waren tausende Antifaschisten eingekerkert, die vor allem im Norden des Landes gefangen genommen worden waren. Viele von ihnen wurden in die siebzehn Zwangsarbeiter-Bataillone gezwungen, die das Lager verließen. Ab April 1938 wurden Gefangene aus den Internationalen Brigaden hauptsächlich nach San Pedro de Cardeña verlegt: Insgesamt etwa tausend internationale Gefangene mit mehr als vierzig verschiedenen Nationalitäten. Einige von ihnen, vor allem Briten, konnten gegen faschistische Gefangene ausgetauscht werden, der größte Teil jedoch wurde in das Zwangsarbeiterbataillon Nr. 75, das nur für Ausländer vorgesehen war, eingegliedert. Andere wurden von den Faschisten hingerichtet, einige endeten im Konzentrations­lager von Miranda de Ebro und viele Deutsche wurden an die Gestapo übergeben.

Mit zum Teil unveröffentlichten Fotos und Dokumenten stellt die Ausstellung Biographien und Erfahrungen von inhaftierten Interbrigadisten dar und thematisiert so die Geschichte des Konzentrationslagers.

Bereits im letzten Jahr waren die Ausstellung »Umkämpfte Vergangenheit. Die Erinnerung an den Spanischen Bürgerkrieg und den Franquismus« und die Fotoausstellung »Carabanchel: Ein franquistisches Gefängnis« im Klapperfeld zu sehen2. Maja Koster von »Faites votre jeu!« sagte in Bezug darauf: »Mit der aktuellen Gastausstellung möchten wir an die Doppelausstellung anknüpfen, die wir anlässlich des 75. Jahrestages des Beginns des Spanischen Bürgerkriegs gezeigt hatten. Damit wollen wir dazu beitragen, die Erinnerung an den Kampf der Internationalen Brigaden gegen den Faschismus wach zu halten.«

Bei der Ausstellungseröffnung am Sonntag, den 29. Januar 2012 um 14 Uhr wird Nacho García, einer der Initiator_innen der Ausstellung und Verfasser des Blogs »The Jaily News« (http://thejailynews.blogspot.com/) zu Gast sein und im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung um 15 Uhr einen Vortrag zu San Pedro de Cardeña halten. Dabei wird er einen Schwerpunkt auf die deutschen Inhaftierten legen. Zur Motivation die Ausstellung zu konzipieren und umzusetzen sagte er: »Die Ausstellung soll eine der Geschichten ans Licht bringen, die sonst nicht erzählt werden. Die Geschichte von hunderten Kämpfern unterschiedlicher Herkunft, die dem Ruf zum Kampf für Freiheit und gegen Faschismus im Spanischen Bürgerkrieg gefolgt sind und im letzten Abschnitt ihres Kampfes die Erfahrung des Konzentrationslagers machen mussten. Erinnern soll die Ausstellung aber auch daran, das viele ihren Kampf sowohl im Lager selbst – die Gefangenen organisierten unter anderem eine klandestine Universität – als auch nach ihrer Haftzeit, zum Beispiel in der französischen Résistance, fortsetzen.«


Die Ausstellung ist bis zum 11. Februar an folgenden Tagen geöffnet:

Mittwoch von 10-13 Uhr; Freitag von 15-18 Uhr; Samstag von 15-18 Uhr

Während der Öffnungszeiten kann auch die erweiterte Dauerausstellung zur Geschichte des Klapperfelds besucht werden. Gruppen oder Schulklassen, die die Ausstellungen außerhalb der regulären Öffnungszeiten besuchen möchten, können gerne einen Termin vereinbaren (0163 9401683 oder info[ät]klapperfeld.de). Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.


Weitere Informationen und Materialen finden Sie unter: http://www.klapperfeld.de/gefaengnisundwiderstand/

  1. In Spanien gibt es auf politischer und historischer Ebene eine Kontroverse, ob San Pedro de Cardeña als Gefängnis oder Konzentrationslager einzuordnen sei. Aufgrund der Haftbedingungen und des politischen Hintergrunds haben sich die Austellungsmacher_innen entschieden, San Pedro de Cardeña als Konzentrationslager einzuordnen. [zurück]
  2. http://www.klapperfeld.de/de/archiv/pressemitteilungen/166-pressemitteilung–ausstellung-rumkaempfte-vergangenheit-die-erinnerung-an-den-spanischen-buergerkrieg-und-den-franquismusl-und-fotoausstellung-rcarabanchel-ein-franquistisches-gefaengnisl-vom-18-september-bis-zum-6-oktober-im-klapperfeld.html [zurück]


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Offener Brief zu Polizeigewalt bei der Demonstration im Gedenken an den 7. Todestag von Oury Jalloh

Wir verurteilen hiermit aufs Schärfste das massive gewalttätige Vorgehen der Polizei bei der Demonstration im Gedenken an Oury Jalloh in Dessau am 7. Januar 2012. Darüber hinaus fordern wir eine lückenlose Aufklärung der Verstrickungen staatlicher Institutionen in die Vertuschung und Beförderung rechter Gewalttaten bzw. rechter Tendenzen in der Polizei.

Bei der friedlichen Demonstration in Gedenken an den 7. Todestag des in Polizeigewahrsam in Dessau verbrannten Afrikaners Oury Jalloh kam es am Samstag den 07.01.2012 zu heftigen Gewaltausbrüchen von PolizeibeamtInnen. Zahlreiche DemonstrantInnen wurden durch Schläge und den Einsatz von Pfefferspray verletzt. Die führenden Aktivisten der Oury-Jalloh-Kampagne Komi Edzro, Mbolo Yufanyi und Mouctar Bah gerieten besonders ins Visier der Beamten. Mouctar Bah, Initiator der »Initiative in Gedenken an Oury Jalloh«, wurde mehrmals von der Polizei in Gesicht und auf den Kopf geschlagen bis er schließlich bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo er stationär behandelt wurde.

Die Polizei begründete die gewalttätigen Eingriffe damit, dass die Verwendung des Begriffs »Oury Jalloh, das war Mord« einen Straftatbestand darstelle. Bereits im Vorfeld der Demonstration hatten Beamte Herrn Bah als Anmelder der Demonstration aufgesucht und ihm gedroht, dass er für jegliche Verwendung des Wortes Mord im Zusammenhang mit dem Fall Oury Jalloh zur Verantwortung gezogen werde. Diese Vorgehensweise der Polizei entbehrt jeglicher juristischen Grundlage. Wie die Mitteldeutsche Zeitung (MDZ) schreibt, hatte bereits im Jahr 2006 das Magdeburger Oberverwaltungsgericht mit Verweis auf die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit entschieden, dass dieser Satz keine Beleidigung, Verleumdung oder ähnliches darstelle (MDZ, 09.01.2012). Auf die Aufforderung der vor Ort anwesenden Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte, Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin, konnte keiner der anwesenden PolizistInnen einen gerichtlichen Beschluss in der Sache vorlegen.

Dieser willkürliche und brutale Übergriff von PolizeibeamtInnen ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass auch in Deutschland selbst grundlegende Rechte – insbesondere gegenüber Schwarzen Menschen – oftmals vollständig ignoriert werden.

Der Fall Oury Jallohs selbst kann als Präzedenzfall dafür herangezogen werden, wie Polizei und Justiz Hand in Hand dafür sorgen, dass Polizeigewalt vertuscht wird und straflos bleibt. Dies erkannte auch der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff in seiner Urteilsbegründung zum Fall Oury Jalloh, die mit einem vorläufigen Freispruch der beschuldigten Beamten endete. „Das hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun“, sagte er und beschwerte sich über fehlerhafte Ermittlungen und offensichtliche Falschaussagen von als Zeugen einberufenen Polizeibeamten (AFP, 07.12.2008). Da der Bundesgerichtshof die Urteilsbegründung und Beweisführung ebenfalls anzweifelte befindet sich der Fall derzeit in Revision. Das Vorgehen der Polizei bei der Demonstration am 07.01. gegenüber den führenden Aktivisten der »Initiative im Gedenken an Oury Jalloh«, die eine vollständige Aufklärung des Falles fordert, lässt sich vor diesem Hintergrund nur als Einschüchterungsversuch interpretieren.

Hinzu kommt, dass schon in der Vergangenheit gerade das sehr bedenkliche Verhalten der Dessauer Polizei und des Staatsschutzes in Sachsen-Anhalt rechte Gewalttaten deckte und damit förderte. Schon vor dem Fall Oury Jalloh war das Dessauer Polizeirevier polizeiintern in Kritik geraten, weil es vor allem Schwarze Menschen schikanierte. Um einen Imageschaden zu vermeiden, wurde das Revier angewiesen, »das polizeiliche Vorgehen gegen MigrantInnen auf ein Notwendiges« zu beschränken. Ermittlungen gegen Beamte folgten nicht. Auch die so genannte »Staatsschutzaffäre« in Sachsen-Anhalt im Jahr 2007 lässt an einem ernsthaften Aufklärungsinteresse rechter Gewalttaten zweifeln. Damals hatte Dessaus Polizeivizepräsident Hans-Christoph Glombitza in einer Besprechung drei Staatsschützern mitgeteilt, dass sie ja »nicht alles sehen« müssten. Die durch ihre Ermittlungserfolge im neonazistischen Milieu bekannt gewordenen rechten Umtriebe in Dessau würden das Sicherheitsbedürfnis der Menschen empfindlich stören und auch kein gutes Licht auf das Land Sachsen-Anhalt werfen.

Anstatt das Land durch Vertuschung vor angeblichen Imageschäden schützen zu wollen, ist es an der Zeit politisch sowie juristisch alle möglichen aufklärenden Maßnahmen zu ergreifen. Angesichts der sich wiederholenden Skandale um Polizei und Verfassungsschutz, zuletzt ihre Verstrickungen im Fall des Nationalsozialistischen Untergrundes, müssen sich die staatlichen Institutionen dem verstärkten Eindruck einer Zusammenarbeit von staatlichen Akteuren und Neonazis entschieden entgegenstellen, wollen sie nicht jegliche demokratische Glaubwürdigkeit verlieren.

Wir fordern Justiz, Polizei und das Innenministerium von Sachsen-Anhalt, sowie sämtliche Politiker_innen in Bund und Ländern zu einer vollständigen Aufklärung von Polizeigewalt auf. Die Straflosigkeit von Polizeibeamten in Deutschland muss ein Ende haben. Wir fordern unabhängige Ermittlungskommissionen sowie ein Ende von Rasterfahndung und anderen rassistisch begründeten Schikanen!

In diesem Sinne: Brecht das Schweigen!
(Slogan der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.)

UnterzeichnerInnen:

Initiative Faites votre jeu! (Frankfurt a.M.)
Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main
frankfurt.postkolonial

Links:

http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/
http://thevoiceforum.org/node/2372
http://www.amnestypolizei.de/

Offener Brief als pdf: download

Die Internationalen Brigaden in San Pedro de Cardeña. Gefängnis und Widerstand.

Ausstellung vom 29. Januar bis 11. Februar im Klapperfeld

Ausstellung mit Fotos, Biographien, Dokumenten etc. zum Konzentrationslager San Pedro de Cardeña, Burgos, Spanien

Die Ausstellung »Gefängnis und Widerstand« versucht, eine von diesen Geschichten an Licht zu bringen, die nicht erzählt werden. Die Geschichte von hunderten Kämpfern unterschiedlicher Herkunft, die dem Ruf zum Kampf für die Freiheit und gegen den Faschismus im Spanischen Bürgerkrieg 1936-1939 gefolgt sind.

Als letzten Abschnitt ihres Kampfes in Spanien mussten sie die Erfahrung des Konzentrationslagers machen. Doch sowohl im Lager selbst – die Gefangenen organisierten unter anderem eine klandestine Universität – als auch nach ihrer Haftzeit, zum Beispiel in der französischen Résistance, setzten sie ihren Kampf fort.

Das Konzentrationslager San Pedro de Cardeña war von Ende 1936 bis Anfang 1940 in Betrieb. In dem zum Lager umfunktionierten Kloster waren tausende republikanische Antifaschisten eingesperrt, die vor allem im Norden des Landes gefangengenommen worden waren. Viele von ihnen wurden in die siebzehn Zwangsarbeiter-Bataillone gezwungen, die das Lager verließen.

Ab April 1938 wurden Gefangene aus den Internationalen Brigaden hauptsächlich nach San Pedro de Cardeña verlegt: Insgesamt etwa tausend internationale Gefangene mit mehr als vierzig verschiedenen Nationalitäten. Einige von ihnen, vor allem Briten, konnten gegen faschistische Gefangene ausgetauscht werden, der größte Teil jedoch wurde in das Zwangsarbeiterbataillon Nr. 75, das nur für Ausländer vorgesehen war, eingegliedert. Andere wurden von den Faschisten hingerichtet, einige endeten im Konzentrationslager von Miranda de Ebro und viele Deutsche wurden an die Gestapo übergeben.

In der im Klapperfeld zu sehenden Ausstellung werden zum Teil unveröffentlichte Fotos sowie Dokumente aus verschieden Archiven gezeigt, die es ermöglichen, die Biographien und Erfahrungen von einigen der inhaftierten Interbrigadisten nachzuvollziehen.

Die Ausstellung wurde im Oktober 2011 in Burgos das erste Mal gezeigt, um zum 75. Jahrestag der Eröffnung des Lagers San Pedro de Cardeña den Gefangenen und ihrem Kampf gegen den Faschismus ein Denkmal zu setzen. Nun ist sie das erste Mal in deutscher Übersetzung zu sehen.

Öffnungszeiten

Ausstellungseröffnung am 29.01.2012 um 14 Uhr

Eröffnungsveranstaltung mit Nacho García, Initiator der Ausstellung und Verfasser des Blogs »The Jaily News« (http://thejailynews.blogspot.com/), am 29.01.2012 um 15 Uhr. Dabei wird er einen Schwerpunkt legen auf die deutschen Inhaftierten in San Pedro.

Die Ausstellung ist außerdem geöffnet an folgenden Terminen:
Mittwoch, 1. Februar, 10-13 Uhr
Freitag, 3. Februar, 15-18 Uhr
Samstag, 4. Februar, 15-18 Uhr
Mittwoch, 8. Februar, 10-13 Uhr
Freitag, 10. Februar, 15-18 Uhr
Samstag, 11. Februar, 15-18 Uhr

Weitere Infos und Materialen zur Ausstellung findet ihr hier:
www.klapperfeld.de/gefaengnisundwiderstand/

Förderverein zur Unterstützung der Initiative ›Faites votre jeu!‹ und dem Erhalt des Klapperfelds gegründet

Ende November haben Unterstützer_innen der Initiative ›Faites votre jeu!‹ in den Räumen des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld in Frankfurt am Main den ›Verein zur Förderung geschichtspolitischer Auseinandersetzung‹ gegründet. Die Website des Vereins findet ihr unter: www.geschichtspolitischeauseinandersetzung.org


Hier die Pressemitteilung zur Vereinsgründung:

Presseerklärung: Förderverein zur Unterstützung der Initiative ›Faites votre jeu!‹ und dem Erhalt des Klapperfelds gegründet

Ende November haben Unterstützer_innen der Initiative ›Faites votre jeu!‹ in den Räumen des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld in Frankfurt am Main den ›Verein zur Förderung geschichtspolitischer Auseinandersetzung‹ gegründet.
Zweck und Ziele des Vereins sind

  • die Förderung der Forschung zur Geschichte des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld in Frankfurt am Main und die wissenschaftliche und politische Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet,
  • die Unterstützung antifaschistischer Erinnerungsarbeit, insbesondere zum ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld,
  • die Auseinandersetzung mit Strukturen, die zur Verfolgung und Repression aufgrund von politisch, »rassischen«, religiösen, nationalen oder sonstigen sozialen Gründen oder Zuschreibungen führen und geführt haben sowie
  • die Verständigung der Menschen jenseits von nationalen, staatlichen oder kulturellen Grenzziehungen und entsprechende Solidaritätsarbeit.

Die Ziele des Vereins sollen verwirklicht werden insbesondere

  • durch den Erhalt des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld und
  • durch die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen, Ausstellungen, Forschungstätigkeiten, Publikationen sowie Öffentlichkeitsarbeit.

Der Verein will eine möglichst große Zahl von Fördermitgliedern gewinnen, durch Spenden und Beiträge sollen die Ziele des Vereins realisiert werden. Die Anerkennung des gemeinnützigen Charakters des Vereins ist beim Finanzamt Frankfurt beantragt.

Als Vorsitzender des Vereins wurde der 63-jährige Sozialarbeiter Walter Schmidt gewählt. Seine Beweggründe: »Ich habe seit Mitte 2009 mit Interesse die Aktivitäten der Initiative ›Faites votre jeu!‹ verfolgt, die das ehemalige Polizeigefängnis als selbstverwaltetes Zentrum führt und interessante Beiträge insbesondere zur Geschichte des Klapperfelds in der Zeit des Faschismus erarbeitet hat. Die Befragung der letzten noch lebenden Zeitzeugen und die Forschung zu den aus dem Klapperfeld Deportierten1 in Verbindung mit der Etablierung eines sozialen Raums haben mich davon überzeugt, dass die Mitglieder der Initiative ihr Projekt mit großem Engagement und Potential verfolgen. Sie bearbeiten einen bisher vernachlässigten Teil der lokalen Geschichte. Darüber hinaus haben sie mit der derzeitigen Nutzung einen Raum für Menschen geschaffen, die sich selbst­bestimmt treffen, organisieren oder politische und kulturelle Initiativen entwickeln. Dies mit dem Förderverein zu unterstützen erscheint mir eine sinnvolle und notwendige Aufgabe zu sein.«

Maja Koster von ›Faites votre jeu!‹ begrüßte die Bildung des Fördervereins und erklärte: »Mit der Gründung des Fördervereins ist ein weiterer Schritt gemacht, um die Arbeit unserer Initiative zu verstetigen und sicher­zustellen, dass diese auch in Zukunft unabhängig weitergeführt werden kann. Die langfristige Nutzung durch ›Faites votre jeu!‹ und der damit verbundene Erhalt des Klapperfelds als sozialer Raum und Ort kritischer historisch-politischer Auseinandersetzung ist einzig durch Abriss- oder Umnutzungspläne bedroht, die immer wieder von Verantwortlichen auf Seiten der Stadt ins Spiel gebracht werden.«

Die Website des Fördervereins ist unter www.geschichtspolitischeauseinandersetzung.org erreichbar. Dort finden sich weitere Informationen zum Verein und die Möglichkeit, mit dem Verein Kontakt aufzunehmen. Sobald die Gemeinnützigkeit anerkannt ist, können sich alle, die Interesse an einer Fördermitgliedschaft haben, dort die entsprechenden Unterlagen und einen Antrag auf Fördermitgliedschaft herunterladen.

Presserechtlich verantwortlich: Walter Schmidt
Erreichbar über Telefon (0152 | 37 22 56 12) und E-Mail (vorstand[ät]geschichtspolitischeauseinandersetzung.org)

  1. Siehe hierzu Pressemitteilung der Initiative »Faites votre jeu!« vom 21.07.2011: http://www.klapperfeld.de/de/archiv/pressemitteilungen/165-pressemitteilung–verschollen-geglaubte-deportationslisten-entdeckt-polizeigefaengnis-klapperfeld-hatte-zentrale-funktion-fuer-deportationen-aus-frankfurt.html[zurück]


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