Innenstadt/Bockenheim. Der Konflikt um das seit August 2008 besetzte ehemalige Jugendzentrum Bockenheim ist beigelegt: Die Initiative «Faites votre jeu» hat das Angebot der Stadt akzeptiert und zieht in das ehemalige Polizeigewahrsam in der Klapperfeldstraße (wir berichteten). Schon in drei Wochen soll das besetzte Gebäude in der Varrentrappstraße 38 geräumt sein. Darauf verständigten sich Vertreter der Initiative am Donnerstagabend bei einem Gespräch mit Bildungsdezernentin Jutta Ebeling.

Damit kann noch Mitte des Jahres mit dem 1,5 Millionen Euro teurem Umbau des einstigen Jugendzentrums begonnen werden. Die Verwaltung der Frankfurter Schule für Mode und Bekleidung zieht darin ein. Der Umzug ist erforderlich, um im Schulgebäude in der Hamburger Allee zusätzliche Unterrichtsräume einrichten zu können.

«Da fällt uns ein riesengroßer Stein vom Herzen», erklärte Schulleiter Malte Lütjens. Er sei froh, dass eine zügige und vor allem friedliche Lösung erzielt worden sei. «Der Stadt gebührt hier ein großes Lob», sagte Lütjens, der den Hausbesetzern, obwohl sie die Zukunft der Schule blockiert hätten, viel Glück wünscht.
«Faites votre jeu» soll in den kommenden Tagen den Mietvertrag für das ehemalige Polizeigewahrsam unterzeichnen. Zwei Jahre lang können die Kulturschaffenden die Räume mietfrei für Konzerte, Ausstellungen oder aber Lesungen nutzen. Der Kontrakt verlängert sich allerdings automatisch, wenn die Stadt keinen Käufer für das Objekt findet, das seit 2001 leer steht.

«Faites votre jeu» akzeptierte das jüngste Angebot der Stadt wohl nur mangels Alternativen. Ursprünglich hatten die Hausbesetzer erklärt, unter den von der Stadt angebotenen Bedingungen nicht umziehen zu wollen. Doch Michael Damian, persönlicher Referent von Bildungsdezernentin Jutta Ebeling, hatte unmissverständlich erklärt, man sei nicht zu weiteren Verhandlungen bereit.

«Wir haben größte Bedenken in einen Bau umzuziehen, in dem die Gestapo gefoltert und gemordet hat und trotz der NS-Vergangenheit noch bis vor wenigen Jahren zur Inhaftierung von Flüchtlingen genutzt wurde», erklärt Nora Wildner, Sprecherin der Initiative. Und ihr Kollege Matthias Schneider ergänzt: «Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Gebäude ist notwendig. Ein Umzug bedeutet daher eine klare Veränderung unseres Konzeptes und unserer Arbeit.» Auf jeden Fall soll die Geschichte des Gebäudes aufgearbeitet und unter anderem dokumentieren werden, wie die Gestapo dort während der Nazi-Zeit gefoltert hat.

Grundsätzlich hatte die Initiative kritisiert, dass die Räume im Klapperfeld für ihre Zwecke zu klein seien und der Mietvertrag zu kurz sei. Die Stadt kam «Faites votre jeu» allerdings nur noch insoweit entgegen, als dass sie nun auch die Kellerräume in dem Komplex zur Verfügung stellt. Die Hausbesetzer hatten ursprünglich gefordert, auch die oberen Etagen nutzen zu können.
Bis zum Umzug ist nun allerdings Eile geboten, denn die Heizung muss repariert werden, damit die Kulturschaffenden nicht im Kalten sitzen müssen. bit

Frankfurter Neue Presse, 07.02.2009

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