EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe

Menschen ohne Unionsbürgerschaft stoßen in der EU immer wieder auf Grenzen: Dabei ist der Weg übers Meer, die Einreise per Flugzeug oder über den Landweg oft nur der Auftakt einer langen Reise, auf der Menschen unter prekären Bedingungen und unter beständiger Angst vor Verfolgung, Repression und Ausschluss leben müssen. Immer wieder sind sie mit Grenzen konfrontiert, die (auch) den EUropäischen Alltag durchziehen.
Das Projekt »Traces to and trough Europe« widmet sich den verschiedenen Aspekten dieser Grenzverläufe und fragt nach den Auswirkungen und Bedingungen EUropäischer Migrationspolitik. Kernstück ist eine Fotoausstellung über die Mittelmeerinsel Lampedusa. Dort gibt es einen Schiffsfriedhof, auf dem sich die Boote stapeln, mit denen Menschen nach Europa zu gelangen versuchten. Die Fotoreihe wird ergänzt durch Fotos zur Situation von Illegalisierten in Calais, durch die Ausstellung »Traces from Lesvos through Europe« des Netzwerks Welcome to Europe sowie durch Radiofeatures und Kurzfilme.

Während der Öffnungszeiten wird auch der ehemalige Abschiebetrakt des Gefängnisses zugänglich sein, der noch bis vor 10 Jahren genutzt wurde. Zudem kann die Dauerausstellung zur Geschichte des Klapperfelds besucht werden.
Begleitet wird die Ausstellung von einer vielfältigen Veranstaltungsreihe, die Hintergründe und Zusammenhänge EUropäischer Grenz- und Migrationspolitik thematisiert.
Weitere Informationen unter: grenzen.klapperfeld.de

Öffnungszeiten

17. Januar bis zum 15. Februar 2013
Samstag & Sonntag: 15 – 18 Uhr
Außerdem an folgenden Tagen:
Donnerstag, 17. Januar: 17 – 20 Uhr (Ausstellungeröffnung, um 20 Uhr Auftaktveranstaltung)
Dienstag, 22. Januar: 17 – 20 Uhr
Donnerstag, 24. Januar: 10 – 13 Uhr
Dienstag, 29. Januar: 17 – 20 Uhr
Mittwoch, 30. Januar: 10 – 13 Uhr
Montag, 4. Februar: 17 – 20 Uhr
Donnerstag, 7. Februar: 10 – 13 Uhr
Mittwoch, 13. Februar: 10 – 13 Uhr
Donnerstag, 14. Februar: 17 – 20 Uhr

Eintritt frei, Spenden erwünscht!

Während der Öffnungszeiten wird auch der ehemalige Abschiebetrakt des Gefängnisses zugänglich sein, der noch bis vor 10 Jahren genutzt wurde. Zudem kann die Dauerausstellung zur Geschichte des Klapperfelds besucht werden.

Gruppen oder Schulklassen, die die Ausstellungen außerhalb der regulären Öffnungszeiten besuchen möchten, können gerne einen Termin vereinbaren. Ruft einfach an (0163 9401683) oder schreibt uns eine E-Mail: info[ät]klapperfeld.de

17.01. bis 15.02.2013: Ausstellung »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe« im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld

Begleitprogramm

Begleitet wird die Ausstellung von einer vielfältigen Veranstaltungsreihe, die Hintergründe und Zusammenhänge EUropäischer Grenz- und Migrationspolitik thematisiert. Bitte beachtet, dass einige der Veranstaltungen nicht im Klapperfeld sondern an anderen Orten stattfinden.

Donnerstag, 17. Januar 2013
17.00 Uhr // erstmalige Öffnung der Ausstellung »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe«
– und zum Auftakt:
20.00 Uhr // Kurzfilmvorführung mit anschließendem Gespräch (auf Englisch) mit der Regisseurin Alexandra D’Onofrio und dem ebenfalls an den Filmen beteiligten Journalisten Gabriele Del Grande (Mailand): La vita che non CIE. Three short films on Italian Identification and Expulsion Centres (italien. Original mit engl. Untertiteln, Gesamtdauer ca. 50min). Die Filme erzählen die Geschichten von Abschiebehäftlingen und ihren Angehörigen – vom Alltag im Abschiebegefängnis, von der Abschiebung selbst und von Widerstandsversuchen. Dabei gelingt es der Regisseurin unter Einbezug persönlicher Dokumente wie Handyaufnahmen und Fotos, die einzelnen Schicksale auf einer sehr persönlichen Ebene nahe zu bringen, die betroffenen Personen dabei aber für sich sprechen zu lassen. Trailer (ohne Untertitel) unter: youtu.be/EQ-7-nH6-ek
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

Mittwoch, 23. Januar 2013
19.30 Uhr // Lesung und Diskussion: »Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn. Vier Jahre auf der Flucht nach Deutschland« mit den Autor_innen Zekarias Kebraeb und Marianne Moesle:
Für den 17-jährigen Zekarias Kebraeb gibt es nur einen Ausweg, Drill und Folter in den Militärlagern Eritreas zu entgehen: Die Flucht nach Europa. Monate dauert der Höllentrip, den er 2002 antritt und nur knapp überlebt. Zekarias erleidet Hunger, Durst und Todesangst auf seinem Weg durch die Sahara und übers Mittelmeer. In Italien angekommen, wähnt er sich am Ziel. Doch er stößt auf Ablehnung und Widerstand durch Polizei und Behörden. Statt Freiheit warten Auffanglager, Abschiebegefängnis und ein Leben auf der Straße auf ihn – und der Wunsch, ein normales Leben zu führen rückt abermals in weite Ferne. 2006 wird Zekarias der Aufenthalt in Deutschland genehmigt. In seinem gemeinsam mit der Journalistin Marianne Moesle verfassten Buch »Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn« berichtet er von seiner Flucht.
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

Donnerstag, 24. Januar 2013
19.30 Uhr // Diskussionsveranstaltung: Illegalisierte Migration nach/in Europa – zur Situation von Menschen ohne Papiere an der französischen Ärmelkanalküste
mit Vertreter_innen der Gruppe noborder ffm: Die nordfranzösische Hafenstadt Calais und ihr Umland dient Sans-Papiers als Transitort auf ihrem Weg nach Großbritannien. Ohne gültiges Visum ist auch dieser relativ kleine Teil einer oftmals langen Reise kein leichtes Unterfangen. Aufgrund der kaum durchlässigen Grenzkontrollen an dieser hochtechnisierten Grenze sind die meisten dazu gezwungen, über Wochen und Monate hinweg immer neue Versuche auf sich zu nehmen. Doch Calais ist auch ein Ort des Widerstands gegen das europäische Migrations- und Grenzregime. Teile der Ausstellung »EUropäische Grenzen – traces to and through Europe« sind Fotos, die in Calais gemacht wurden. Aktivist_innen der CalaisMigrantSolidarity-Bewegung werden über die Situation vor Ort und die Kämpfe der Sans-Papiers berichten; zudem wird die Broschüre »Trying for England« vorgestellt. Wir wollen gemeinsam diskutieren, wie Solidarität mit den Migrant_innen in Calais aussehen kann.
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

Samstag, 26. Januar 2013
16.00 Uhr // Diskussionsveranstaltung zur Rolle von FRONTEX und privater Sicherheitsfirmen bei der Entwicklung des EUropäischen Grenzregimes
mit Maximilian Pichl und Sebastian Wolff (Forschungsprojekt Staatsprojekt Europa, Frankfurt) sowie Simon Sontowski (Uni Zürich): Am konkreten Beispiel des spanischen Grenzregimes wird der Frage nachgegangen, wie »Grenzschutz« tagtäglich durch wen realisiert wird. Welche Bedeutung kommt dabei – aktuell und perspektivisch – der EUropäischen Agentur FRONTEX zu? Handelt es sich hier um einen klassischen Polizeiapparat im Entstehen oder erfüllt die Agentur (zukünftig) ganz andere Aufgaben? Was bedeuten diese Entwicklungen aus herrschaftskritischer Perspektive? Und welche Rolle spielen private Sicherheitsfirmen, die an der Entwicklung, Produktion und Implementierung von neuen Technologien der Grenzkontrolle beteiligt sind?
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

Montag, 28. Januar 2013
20.00 Uhr // Diskussionsveranstaltung: Hintergründe und Konsequenzen europäischer Migrationspolitik – Flüchtlingslager und Abschiebegefängnisse in Nordafrika
mit Emmanuel Gatoni (lebte über ein Jahr als Flüchtling in Shousha), Mareike Kessler (noborder ffm) und Karl Kopp (Pro Asyl): Die europäische Grenz- und Migrationspolitik hat Auswirkungen weit über die EU-Außengrenzen hinaus. So ist etwa in Nordafrika auf der Basis von Abkommen zwischen der EU bzw. einzelnen EU-Ländern mit nordafrikanischen Staaten ein System von Abschiebegefängnissen und Flüchtlingslagern entstanden. Wie entwickelt(e) sich diese Strategie zur Auslagerung von Maßnahmen, mit denen versucht wird, Migration zu behindern? Wer ist daran beteiligt? Welches sind die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und Konsequenzen dieser Praxis für die Migrierenden? Diese Fragen können im Laufe der Veranstaltung diskutiert werden; zudem wird vom Alltag im tunesischen Flüchtlingslager Shousha berichtet.
Diese Veranstaltung findet im Club Voltaire (Kleine Hochstraße 5) statt.

Donnerstag, 31. Januar 2013
19.30 Uhr // We love Bleiberecht – Barabend im SIKS. Erzählungen und Gesang/Rap
über Flucht und Kampf um Bleiberecht: Hassan Khateeb und seine Familie leben seit über 20 Jahren in Deutschland, eine sehr lange Zeit aber nur als »Geduldete«. Sein Vater wurde vor einiger Zeit nach Jordanien abgeschoben, während er seine Geschwister und seine Mutter Anfang dieses Jahres endlich einen Aufenthaltstitel bekommen haben. Hassan engagiert sich für die Rechte von Flüchtlingen und ist unter anderem aktiv bei Jugendliche ohne Grenzen, einem Zusammenschluss jugendlicher Flüchtlinge. Yahye Adan Dualle ist mit 13 Jahren aus Somalia nach Europa geflüchtet und lebte zunächst für eine Weile in Polen, wo er von rechter Gewalt betroffen war. Seit zwei Jahren lebt er nun mit unsicherem Aufenthaltsstatus in Frankfurt. Inzwischen ist er 18 Jahre alt und Rapper. Hassan und Yahye werden an diesem Abend ihre Geschichten erzählen. Yahye hat vieles Erlebtes auch in seinen Songtexten verarbeitet, die wir an diesem Abend zu hören bekommen. Anschließend wird es einen Barabend geben.
Diese Veranstaltung findet im SIKS (»Knobbe«, Koblenzer Straße 9) statt.

Dienstag, 5. Februar 2013
20.00 Uhr // »Mama« und »Oury Jalloh« – zwei Filmvorführungen und ein Publikumsgespräch
mit Maman Salissou Oumarou, Künstler und Filmemacher aus Köln: In dem autobiografisch geprägten und mehrfach prämierten Kurzfilm ›Mama‹ (9min) stellt Maman Salissou Oumarou emotional und mit einer guten Portion Humor manche Absurditäten des deutschen Asylsystems dar. Ein junger Mann versucht seiner Mutter am Telefon zu vermitteln, wie es ist, in Deutschland zu leben und welche Hürden er bei dem Versuch, Asyl zu erlangen, überwinden muss. Der semi-dokumentarische Film ›Oury Jalloh‹ (30min), von Asylbewerbern, jungen unabhängigen Filmemachern sowie Oury Jallohs engsten Freunden produziert, knüpft an ein reales Ereignis an: Der Asylbewerber Oury Jalloh verbrennt am 7. Januar 2005 an Händen und Füßen auf eine feuerfeste Matratze gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle. Maman Salissou Oumarou war als Co-Regisseur und Schauspieler am Film beteiligt, welcher 2008 mit dem deutschen Menschenrechtsfilmpreis ausgezeichnet wurde. Im Anschluss an die Filmvorführungen findet ein Publikumsgespräch statt. Trailer zu ›Oury Jalloh‹ unter: www.ouryjalloh-derfilm.de
Diese Veranstaltung findet im Gallus Zentrum (Krifteler Straße 55) statt.

Mittwoch, 6. Februar 2013
19.30 Uhr // Diskussionsveranstaltung: Grenze – Ausgrenzung – Widerstandsstrategien
mit Vertreter_innen von Jugendliche ohne Grenzen und der Initiative Vernetzung gegen Abschiebung: Das Grenzregime bleibt im Alltag vieler Menschen mit Migrationserfahrung präsent, selbst wenn eine Einreise erfolgreich war – Abschiebung und die Angst davor bedrohen all jene mit unsicherem Aufenthaltsstatus. In der Veranstaltung berichten Aktivist_innen von Jugendliche ohne Grenzen, einer bundesweiten Selbstorganisierung jugendlicher Flüchtlinge, und von der Initiative Vernetzung gegen Abschiebung, die immer wieder versucht Abschiebungen am Flughafen zu vereiteln, über ihre Anliegen, Erfahrungen und aktuelle Kämpfe gegen die alltäglichen Auswirkungen des Grenzregimes.
Diese Veranstaltung findet im Festsaal des Studierendenhauses am Campus Bockenheim der Goethe-Universität (Mertonstraße 26-28) statt.

Donnerstag, 7. Februar 2013
20.00 Uhr // Lesung und Diskussion: »Unerwünscht – Drei Brüder aus dem Iran erzählen ihre deutsche Geschichte«
mit den Autoren Masoud und Mojtaba Sadinam: Die drei Brüder Mojtaba, Masoud und Milad Sadiam wachsen im Iran der 1980er Jahre als Kinder regimekritischer Eltern auf. Als ihre Mutter bei einer verbotenen Flugblattaktion auffliegt, muss die Familie untertauchen. Schließlich gelangt sie im Sommer 1996 mit nichts als einem Koffer illegal nach Deutschland – ohne Geld, ohne Papiere und ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Ihr Asylantrag wird immer wieder abgelehnt. In ihrem Buch berichten die drei Brüder von bürokratischen Schikanen und dem Kampf gegen die Abschiebung, vom Sprung aufs Gymnasium und schließlich an deutsche Eliteuniversitäten, denen sie bald wieder den Rücken kehren.
Diese Veranstaltung findet im Club Voltaire (Kleine Hochstraße 5) statt.

Samstag, 9. Februar 2013
11.00 Uhr // Stadtrundgang: »Leben ohne Papiere«
, durchgeführt vom Bildungskollektiv Bleiberecht: Das Projekt »Leben ohne Papiere« entstand aus dem Bedürfnis, auf die Situation von illegalisierten Flüchtlingen aufmerksam zu machen. Aus diesem Grund bietet das Bildungskollektiv Bleiberecht einen antirassistischen Stadtrundgang entlang symbolischer Orte an, der Einblicke in die Lebensumstände von Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus ermöglichen soll. Im Zentrum Frankfurts bietet das Kollektiv dazu eine pädagogisch begleitete Spurensuche an, bei der die Teilnehmenden über mehrere Stationen verteilt erfahren können, wie verankert und dennoch oft unsichtbar institutionelle Diskriminierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden ist. Normalerweise richtet sich das Angebot primär an Schulklassen und andere Jugendgruppen; im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe« wird der Rundgang aber auch für Erwachsene angeboten. Weitere Infos unter: lebenohnepapiere.antira.info
Treffpunkt für den Stadtrundgang ist am Eingang zum Klapperfeld.

Dienstag, 12. Februar 2013
19.00 Uhr // Diskussionsveranstaltung: Migration, Arbeit und institutionelle Ausgrenzung
mit Mihai Balan (Europäischer Verein für Wanderarbeiterfragen e.V.), Hagen Kopp (MigrAr) und Agnieszka Satola (Hochschule Fulda): Migrant*innen stoßen in Europa immer wieder auf Grenzen und ungleiche Behandlung. Ein wichtiges Beispiel ist der Arbeitsmarkt: Wenngleich Migrant*innen eine bedeutende Funktion in der Europäischen Arbeitswelt einnehmen, arbeiten sie in bestimmten Segmenten des Arbeitsmarkts oft unter problematischen/ausbeuterischen Bedingungen. Dabei macht es einen großen Unterschied, wo sie herkommen und welcher staatsbürgerschaftliche Status damit verknüpft ist. Vor allem Illegalisierte haben es meist schwer überhaupt ihre formal durchaus vorhandenen Rechte durchzusetzen. Doch auch EU-Bürger*innen erfahren handfeste Benachteiligungen: So erhalten etwa grenzüberschreitend eingesetzte Leiharbeitnehmer*innen nur in wenigen Betrieben den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaften. Zudem existieren ganze Branchen, wie die Pflege- und Haushaltsarbeit, auf der Grundlage der Ausbeutung billiger, meist weiblicher, Arbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa.
Wir möchten auf diese Unterschiede eingehen und diskutieren, was der Aufenthaltsstatus konkret für die Arbeitsverhältnisse und transnationale Lohnkonkurrenz bedeutet. Welche Rechte haben Migrant*innen mit unterschiedlichen Aufenthaltsstatus überhaupt und welche politischen Forderungen lassen sich daraus ableiten? Welche Rolle spielen dabei weitere Faktoren, wie etwa Klasse und Geschlecht?
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

Freitag, 15. Februar 2013
18.00 Uhr // Lesung und Diskussion: »Lampedusa. Begegnungen am Rande Europas«
mit dem Autor Gilles Reckinger: Lampedusa – eine kleine italienische Insel im Mittelmeer. Klein genug, dass man sie getrost vergessen konnte in Rom und in Brüssel – wären da nicht Zehntausende von Bootsflüchtlingen aus Afrika, die in den letzten Jahren dort angekommen sind. Wann immer eine besondere Tragödie zu vermelden ist, richten die Medien reflexartig ihre Spots auf die Insel, tragen diese Bilder von der Peripherie in die Mitte Europas – und wenden sich genau so schnell wieder ab. Von Lampedusa und den lampedusani erfahren wir nichts. Der Ethnologe Reckinger hat sich mehr Zeit genommen und die Menschen von Lampedusa haben ihm viel erzählt. Von denen, die weggingen, und denen, die zurückkamen, von ihren eigenen Lebensträumen, von den täglichen Widrigkeiten, den Versorgungslücken, der Langeweile. Von dem Wunsch, der Insel den Rücken zu kehren und der Unmöglichkeit, woanders zu leben. Die lampedusani zeichnen ihre Insel als einen Ort der Übergänge.
Diese Veranstaltung findet im Klapperfeld statt.

17.01. bis 15.02.2013: Ausstellung »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe« im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld

Ausstellungseröffnung und Auftakt zur Veranstaltungsreihe »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe« am 17. Januar 2013 um 20.00 Uhr im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld

Das Projekt »Traces to and through Europe« widmet sich verschiedenen Aspekten von Grenzverläufen in und um Europa. ­Menschen ohne Unionsbürgerschaft stoßen in der EU immer wieder auf Grenzen: Der Weg übers Meer, die Einreise per Flugzeug oder über den Landweg ist oft nur der Auftakt einer langen Reise, auf der Menschen unter prekären Bedingungen und unter beständiger Angst vor Verfolgung, Repression und Ausschluss leben müssen. Immer wieder sind sie mit Grenzen konfrontiert, die (auch) den europäischen Alltag durchziehen.

Eine Ausstellung im ehemaligen Polizei- und Abschiebegefängnis in der Klapperfeldstraße 5 thematisiert diese Grenzverläufe, ihre Auswirkungen und die Bedingungen europäischer Migrationspolitik. Ein umfangreiches Begleitprogramm bietet die Möglichkeit zur tiefergehenden Auseinandersetzung. Kernstück der Ausstellung ist eine Fotoreihe über die Mittelmeerinsel Lampedusa. Dort gibt es einen Schiffsfriedhof, auf dem sich die Boote stapeln, mit denen Menschen nach Europa zu gelangen versuchten. Die Fotoreihe wird ergänzt durch Fotos zur Situation von Illegalisierten in Calais, durch die Ausstellung »Traces from Lesvos through Europe« des Netzwerks Welcome to Europe sowie durch Radiofeatures und Kurzfilme. Auch der ehemalige ­Abschiebetrakt des Gefängnisses, der noch bis vor 10 Jahren genutzt wurde, wird zugänglich sein.

Begleitet wird die Ausstellung von einer Reihe aus zwölf Veranstaltungen: An verschiedenen Orten der Stadt finden Diskussions­runden, Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen statt. »Damit möchten wir über die Ausstellung hinaus die Hintergründe und Zusammenhänge europäischer Grenz- und Migrationspolitik thematisieren und das überaus komplexe Thema von verschiedenen Seiten angehen«, meint Goetz Herrmann, einer der Intitator_innen des Projekts. »Deshalb haben wir ein vielseitiges Programm auf die Beine gestellt und Geflüchtete, Aktivist_innen, Künstler_innen und Wissenschaftler_innen aus verschiedensten Orten eingeladen.«

So auch die Regisseurin Alexandra D‘Onofrio und den Journalisten Gabriele Del Grande: Beide reisen zur Eröffnungsveranstaltung am 17. Januar extra aus Mailand an, um ihre drei Kurzfilme zu präsentieren. Die Filme erzählen die Geschichten von Abschiebe­häftlingen und ihren Angehörigen – vom Alltag im Abschiebegefängnis, von der Abschiebung selbst und von Widerstands­versuchen. Eine Woche später folgt eine Lesung mit Zekarias Kebraeb, der aus seinem Buch »Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn« liest, in dem er von seiner Flucht aus Eritrea berichtet. In den anschließenden drei Wochen folgen mehrere Veranstaltungen, bei denen das Themenspektrum von der europäischen Internierungs- und Abschiebepraxis bis hin zur Bedeutung von illegalisierten Menschen für die europäische Wirtschaft reicht. Auch auf die konkrete Situation in Frankfurt soll eingegangen werden: So gibt etwa ein Stadtrundgang entlang symbolischer Orte Einblicke in die Lebensumstände von Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus. Über mehrere Stationen im Zentrum Frankfurts können Teilnehmende erfahren, wie verankert und dennoch oft unsichtbar institutionelle Diskriminierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden ist.

Maja Koster von der Initiative Faites votre jeu!, die das Klapperfeld seit 2009 als selbstverwaltetes Zentrum nutzt, freut sich über das Projekt: »Wir hoffen, dass durch die Ausstellung und das begleitende Programm eine breitere Öffentlichkeit für diesen ­Themenkomplex geschaffen wird. In den Zellen des noch bis 2003 als Abschiebeknast genutzten Klapperfelds wird sichtbar, unter welch miserabelsten ­Bedingungen Menschen auch mitten in Europa leben müssen. Die Ausstellung und das Begleitprogramm machen zudem deutlich, was sich an den sogenannten Außengrenzen und darüber hinaus abspielt.«


Weitere Informationen sowie das gesamte Begleitprogramm findet sich unter: grenzen.klapperfeld.de
Pressekontakt: Katharina Vester | Telefon: 0163 9401683 | E-Mail: grenzen[ät]klapperfeld.de

Öffnungszeiten der Ausstellung
17. Januar bis zum 15. Februar 2013
Samstag & Sonntag: 15 – 18 Uhr
Außerdem an folgenden Tagen:
Do., 17. Januar: 17 – 20 Uhr (Ausstellungeröffnung, um 20 Uhr Auftaktveranstaltung)
Di., 22. Januar: 17 – 20 Uhr | Do., 24. Januar: 10 – 13 Uhr | Di., 29. Januar: 17 – 20 Uhr | Mi., 30. Januar: 10 – 13 Uhr | Mo., 4. Februar: 17 – 20 Uhr | Do., 7. Februar: 10 – 13 Uhr | Mi., 13. Februar: 10 – 13 Uhr | Do., 14. Februar: 17 – 20 Uhr
Eintritt frei, Spenden erwünscht!

Anhang:
Flyer zur Ausstellung »EUropäische Grenzen: Traces to and through Europe«
Fotografien des Schiffsfriedhofs auf Lampedusa zur freien Verwendung im Rahmen der Bericht­erstattung (Quellenangabe: LOVIS e.V.); Download: grenzen.klapperfeld.de/fotos_ lampedusa.zip


Pressemitteilung als pdf: download

31. Dezember 2012, 18 Uhr: Frankfurt. Silvesterkundgebung: Linke Geschichte verteidigen! Solidarität mit Sonja und Christian!

Hier noch ein Hinweis für den Silvesterabend:

31. Dezember 2012 – 18 bis 20 Uhr
JVA Preungesheim, Obere Kreuzäckerstraße, Frankfurt

Wie in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und anderswo wollen wir auch in Frankfurt an Silvester gemeinsam an den Mauern des Gefängnisses demonstrieren, um denen drinnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.

Denn betroffen sind einzelne, gemeint sind wir alle. Solidarität ist mehr als nur ein Wort. Solidarität ist eine Waffe!

»Wenn du vorher ausgemacht hast: ›Wenn einmal was passiert, dann kein Wort, keine Aussage‹, dann hast du ein sehr sicheres Gefühl.« (Sonja Suder 2010 im WOZ-Interview)

Aufruf Rote Hilfe / Solikomitee
Bündnisaufruf

Ausstellung: India Essence&Details

Die Ausstellung India Essence&Details basiert auf einer Serie von Analogfarbfotografien die nach Entwicklung weiterverarbeitet wurden. Die Exponate sind eine Umsetzung von Eindrücken in Maharashtra, Gujarat und Madhya Pradesh während des Sommermonsuns 2012.

Die Arbeit versucht eine Sicht von Indien jenseits der gängigen Klischeevorstellungen zu vermitteln. Der indische Subkontinent bietet weitaus mehr als Stereotype von Bollywood, spiritueller Sinnsuche oder Darstellungen von Armut und Elend.

In der Ausstellung sind subjektiv wahrgenommene Objekte zu sehen, die weder aus einer politischen noch einer romantischen Absicht heraus fotografiert wurden. Es geht letztlich und allein um den Eindruck von Essenz und Detail.

Vernissage

Freitag, 16. November 2012, 23 Uhr
Soundscapes: Daniel/San (Berlin)

Öffnungszeiten

Samstag, 17. & Sonntag, 18. November 2012
15 bis 18 Uhr

»Im Land der Frühaufsteher« – Lesung und Ausstellungseröffnung am 10. Oktober 2012 im Klapperfeld

Die Comic-Reportage »Im Land der Frühaufsteher« der Berliner Künstlerin Paula Bulling erzählt in einprägsamen und kunstvollen Bildern über die Lebenswirklichkeit von Flüchtlingen in Deutschland. Am Mittwoch, den 10. Oktober um 19 Uhr wird Paula Bulling im Rahmen der GegenBuchMasse ihr Comicdebüt in einer bebilderten Lesung gemeinsam mit dem Filmemacher Maman Salissou Oumarou vorstellen. Oumarou ist sowohl Protagonist des Buches als auch kritischer Begleiter seiner Entstehung gewesen. Im Anschluss an die Lesung wird die neue Sonderausstellung im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld eröffnet, die bis zum 28. Oktober die Original-Zeichnungen aus im »Land der Frühaufsteher« zeigt.

»Im Land der Frühaufsteher« ist eines der meist beachteten deutschen Graphic-Novel-Debüts des Jahres 2012. Paula Bulling hat im Laufe mehrerer Jahre die Flüchtlingspolitik in Sachsen-Anhalt in etlichen Gesprächen und ­Begegnungen mit Asyl­bewerber_innen in Halle, Halberstadt und Möhlau (Wittenberg) dokumentiert. In sieben Kapiteln erzählt sie vom Leben in Asylbewerber_innenheimen, alltäglichem Rassismus, dem Tod eines Flüchtlings und auch von der Suche nach einer ­angemessenen erzählerischen Haltung als weiße Künstlerin. Um bewusst mit der Sprache der Geflüchteten umzugehen, überarbeitete sie den gesprochenen Text im Buch gemeinsam mit Noel Kaboré, der selbst als Figur vorkommt.
Zu ihrem Interesse befragt, sich mit Flüchtlingspolitik auseinanderzusetzen und dies in einem Comic umzusetzen sagte Paula Bulling: »Mich interessiert das Naheliegende. Flüchtlingspolitik wird direkt vor unserer Tür gemacht und gleichzeitig zeigt sich darin die ganze Verstricktheit und Brutalität der globalisierten Welt. Ich bin durch eine Reise nach Syrien und den Kontakt zu syrischen Menschen­rechtsaktivist_innen, die in Deutschland Asyl suchen, mit dem Thema in Berührung gekommen. Das erste Flüchtlingsheim, das ich durch eine Initiative von The Voice Refugee Forum besucht habe, war Katzhütte in Thüringen. Die Zustände dort sind erschreckend, danach hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Dass aus der Beschäftigung damit ein Comic wird, hat sich erst nach und nach herauskristallisiert.«

Neben den Originalen werden in der Ausstellung einige von Paula Bullings Zeichnungen als großformatige Projektionen zu sehen sein. Darüber hinaus informieren Texttafeln über Hintergründe und die Künstlerin. Maja Koster von der Initiative »Faites votre jeu!«, die das Klapperfeld seit 2009 als selbstverwaltetes Zentrum betreibt, äußerte sich erfreut über die kommende Ausstellung mit Paula Bulling: »Wir freuen uns, dass die Originale aus ›Im Land der Frühaufsteher‹ im Klapperfeld erstmals öffentlich ausgestellt werden. Paulas Arbeit gibt einen ebenso eindrücklichen wie bedrückenden Einblick in die Lebenswirklichkeit von Asylbewerber_innen.«

Ergänzend zur Sonderausstellung haben die Besucher_innen außerdem die Möglichkeit, sich im zweiten Stock des Klapperfelds ein Bild von einem weiteren Aspekt der deutschen Asylpolitik zu machen: Das Klapperfeld wurde ab den 1980er Jahren bis zur Schließung 2003 auch als Abschiebeknast genutzt. Dazu Maja Koster: »Die durch den Staat illegalisierten Menschen waren jedoch – im Gegensatz zur sonstigen Nutzung als Gewahrsam in den letzten Jahrzehnten – nicht nur mehrere Stunden oder wenige Tage im Klapperfeld inhaftiert, sondern mitunter wesentlich länger. Sie mussten ihre Zeit unter miserablen Bedingungen in den viel zu kleinen und dunklen Zellen verbringen. Für die Betroffenen bedeutet die Abschiebung in der Regel den Weg in Armut, Verfolgung, Folter, Krieg oder gar den Tod.«

Sie warnte jedoch davor, die Zustände im Klapperfeld für einen Einzelfall zu halten: »In Flüchtlingslagern und Abschiebeknästen herrschen nach wie vor miserabelste Bedingungen. Diskriminierung, Illegalisierung, Kriminalisierung und Arbeitsverbote, die Ein­schränkung der Bewegungsfreiheit und die damit verbundene Isolation und nicht zuletzt die unmenschliche Abschiebepraxis sorgen in Deutschland für die systematische und konsequente Ausgrenzung der Flüchtlinge aus allen Lebensbereichen.«

Öffnungszeiten der Ausstellung »Im Land der Frühaufsteher:
11. bis 15. Oktober 2012 (während der Buchmesse)
täglich von 17 bis 20 Uhr
17. bis 28. Oktober 2012
Di.: 17 – 20 Uhr | Mi.: 10 – 13 Uhr | Sa. & So.: 15 – 18 Uhr
Eintritt frei, Spenden erwünscht!
Weitere Informationen zur Lesung und zur Ausstellung:
landderfruehaufsteher.klapperfeld.de
Weitere Informationen zum Comic:
www.avant-verlag.de/comic/im_land_der_fruehaufsteher

Kontakt: 0163 9401683 | moc.o1746819611ohay@1746819611uejer1746819611tovse1746819611tiaf1746819611

Anhang:

Pressemitteilung als pdf: download

Wir nehmen uns was wir brauchen – Selbstorganisierte Zentren verteidigen – Soziales Wohnen möglich machen

Aufruf zur Demnostration am 13. Oktober 2012 in Frankfurt am Main, 15 Uhr am Hbf

Wem gehört die Stadt?

Der neoliberale Umbau des öffentlichen Raumes der letzten 20 Jahre sorgt nicht zum ersten mal für Unmut. Nicht desto weniger hat das Thema nichts an seiner Brisanz verloren – bestimmt es doch ganz maßgeblich unseren Alltag.

Jüngste Ereignisse im Rhein-Main-Gebiet zeigen, dass Stadtpolitiken immer mehr unter unternehmerischen Gesichtspunkten arbeiten. Das bedeutet faktisch, dass die Gestaltung des öffentlichen Raumes immer weniger im Sinne eines – schon immer diffus konstruierten – »Allgemeinwohls« von statten geht, sondern sich an einer lukrativeren Verwertung des öffentlichen Raumes orientiert. Das zeigt sich an der teils massiven Aufwertung verschiedener Stadtteile, die von einer Stadtplanung möglich gemacht und von privaten Investor_innen mit in die Tat umgesetzt wird. Für Geringverdiener_innen bedeutet dies konkret, dass sie sich die steigenden Mieten in der Innenstadt schlicht und ergreifend nicht mehr leisten können und kontinuierlich aus dem Stadtkern vertrieben werden.

Ganz klassisch zeigt sich hier, dass eben nicht alle Interessen gleichermaßen in einer kapitalistischen Politik berücksichtigt werden. Vor allem auch linke Kulturprojekte, die unter dem Anspruch arbeiten Alternativen zum kapitalistischen Normalbetrieb zu entwickeln, und entgegen verschiedener sozialer Zwänge und Konsumzwang sich zu betätigen suchen, sollen aus dem Stadtbild verdrängt werden. Hier wird nochmals deutlich, dass neoliberale Stadtpolitiken auf ökonomische Interessen, statt auf menschennahe Stadtgestaltung setzen:

Deshalb gehen wir am 13. Oktober auf die Strasse, um gemeinsam ein Zeichen gegen die sich verschärfende Situation im städtischen Raum zu setzen!

Stadt als sozialer Raum

Das sozialer Wohnungsbau unter diesen Entwicklungen leidet bzw. rückläufig ist, verwundert da nicht weiter. Beispielsweise ist doch der Umbau von Mietshäusern zu teilweise luxuriösen Eigentumswohnungen ein Prozess, welcher der Förderung sozialer Wohnbauprojekte und alternativer Wohnprojekte vorgezogen wird! Diese sogenannte »Aufwertung« vermeintlicher Problemviertel und aus Sicht der Stadtpolitik unattraktiver Viertel, hat die Verdrängung von erschwinglichem Wohnraum im Allgemeinen aus dem Stadtkern zur Folge. Zum einen verstärkt dieser Prozess die Verdrängung von einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten aus dem Stadtkern in Richtung der Randbezirke.

Darüber hinaus finden sich auch alle anderen unliebsamen sozial marginalisierten Gruppen, die einem von der Stadt forcierten »sauberen« und »attraktiven« Stadtbild nicht entsprechen – seien es Obdachlose, Arbeitslose, Drogenuser_innen oder andere sozial Deklassierte – als Objekte einer repressiven Ordnungspolitik wieder. So lässt sich eine zunehmende Prekärisierung und soziale Ausgrenzung auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens beobachten.

Dies hat sich zum Beispiel in der aufgeheizten Debatte um das Occupy Camp in Frankfurt gezeigt, als mit dem Verweis auf »Sinti und Roma« die vor der EZB campiert haben, eine medial aufbereitete, rassistische Hetze quer durch die Presselandschaft lief. Ein Ordnungsamt, dass mittlerweile zur Stadtpolizei aufgewertet wurde, und die kontinuierliche Aufrüstung der Polizei zeichnen ein deutliches Bild wie sich Stadtpolitik, nicht nur im Rhein-Main-Gebiet, derzeitig entwickelt.

Die sowieso schon Marginalisierten sollen unsichtbar gemacht werden! Eine Stadtpolitik, die soziale Problemlagen vor allem repressiv zu lösen gedenkt und in der ganzen BRD Schule macht.

Selbstverwaltete soziokulturelle Zentren

Gleichzeitig schreibt sich eine neoliberale Stadtpolitik den Ausbau eines Kulturbetriebes auf die Fahnen. Damit eine Stadt ökonomisch attraktiv ist, geht es auch immer um eine großangelegte »Kulturförderung« im städtischen Raum. Das Verständnis, das die Stadt hierbei von Kultur hoch hält, sieht diese vor allem als Freizeitangebot, das konsumiert werden soll, an. Auch hier ist die Teilhabe am kulturellen Freizeitspaß an die eigene soziale Lage gebunden und alles was sich nicht unter den förderungswerten Begriff von Kulturproduktion fassen lässt, bleibt ohnehin Außen vor.

Deshalb überrascht es auch nicht dass linke selbstorganisierte Zentren verschiedenster Ausprägungen im gesamten Bundesgebiet, die mit einer Kulturproduktion, die sich vor allem an ihrer Verwertbarkeit für ökonomische und stadtpolitische Kriterien messen soll, nichts zu tun haben will, immer häufiger in Bedrängnis geraten und in vielen Fällen kurz vor dem Aus stehen. Beispiele hierfür gibt es deutschlandweit viele! Im Rhein-Main-Gebiet sind aktuell unter anderem einige Projekte davon betroffen: Das IVI (Insitut für vergleichende Irrelevanz – FFM) ist derzeitig akut von Räumung bedroht, dem Haus Mainusch (MZ) wurde zum Dezember diesen Jahres der Mietvertrag gekündigt und die OA7 (Obere Austraße 7 – MZ) wurde im Zuge der Räumung der Zerstörung durch ein stadtnahes Unternehmen überlassen.

Vor dem Hintergrund eines für uns unerträglichen kapitalistischen Alltags und den nicht tragbaren sozialen Verhältnissen, die vielfach von Zwängen durchzogen sind, ist es umso wichtiger Räume zu schaffen, die versuchen diesen Unzumutbarkeiten etwas entgegen zu setzen: Orte an denen Raum zum Experimentieren, Entwickeln und Nachdenken über andere soziale Verhältnisse und Lebenskonzepte möglich sind und werden, Orte an denen Kultur neu erfunden und unter sozialen Aspekten definiert wird, Orte an denen jede_r ungeachtet von sozialem Status und persönlicher Herkunft teilhaben kann, Orte an denen kein Platz für Diskriminierungen jeglicher Art ist, Orte die Rückzug von sozialen Zwängen möglich machen – in denen Utopien jenseits einer repressiven Ordnung der Dinge neu gedacht und erfahrbar gemacht werden können.

Deshalb rufen wir dazu auf die bedrohten linken Zentren und Projekte zu verteidigen und sich ganz pragmatisch das zu nehmen, was uns eine Politik nicht freiwillig geben wird!

Für die Schaffung und die Erhaltung von ein, zwei, drei – vielen besetzten Häusern und selbstverwalteten Zentren!

Ivi und Mainusch bleiben, eine Obere Austraße 7 gibt es überall!

Lieber Hans, alles Gute zu deinem 105. Geburtstag!

Lieber Hans,

zu Deinem Geburtstag möchten wir Dir ganz herzlich gratulieren! Außerdem möchten wir uns bedanken: für Deinen bis heute andauernden antifaschisten Kampf und Dein Engagement als Zeitzeuge.

Wir wünschen dir alles Gute, viel Glück und Gesundheit. Wir hoffen, dass Du heute einen wunderschönen Tag mit Deiner Tochter und den Dir nahestehenden Menschen verbringen kannst.

In Solidarität und voller Anerkennung Deiner Lebensleistung,
Faites votre jeu!

Hans Schwert

Heute, am 17. Septmember 2012 wird Hans Schwert 105 Jahre alt.

Als Antifaschist, Gewerkschafter und Kommunist kämpfte er gegen die Nazis. Nach dem Machtantritt der NSDAP im Jahre 1933 setzte er seinen Widerstand im Untergrund fort. Im August 1936 wurde er verhaftet und saß bis zur Befreiung durch die Alliierten in verschiedenen Gefängnissen, davon ein Jahr im Klapperfeld.

Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs führte er sein politisches Engagement fort. Als Zeitzeuge berichtete er über seine Erfahrungen als Gewerkschafter und Kommunist in den 20er und 30er Jahren und von der Verfolgung durch die Nationialsozialist_innen.

Auch als Antifaschist ist er bis heute aktiv. Noch im Alter von 99 Jahren hielt er am 7. Juli 2007 auf dem Römerberg eine Rede, um gegen einen an diesem Tag stattfindenden Aufmarsch von Neonazis im Stadtgebiet zu demonstrieren. 2009 nahm er am 8. Mai an einer Gedenkfeier vor dem Nieder Friedhof anlässlich des Jahrestags der Befreiung vom Faschismus teil.

Wir durften die unschätzbar wertvolle Erfahrung machen, mit Hans über seine teils schrecklichen Erlebnisse sprechen zu dürfen. Es ist von unschätzbarem Wert, dass er als Zeitzeuge mit uns, aber auch mit vielen anderen Menschen seine Erfahrungen und Erlebnisse geteilt hat.
Mit seiner Offenheit, seiner Arbeit und seinem bis heute andauernden Kampf gegen den Faschismus und Rassismus hat er einen unvergleichlichen Beitrag geleistet.

Das Interview mit Hans Schwert kann auf der Website zur Geschichte des Klapperfelds und in unserer Ausstellung angesehen werden: www.klapperfeld.de/de/ausstellung/zeitzeuge-hans-schwert.html

Ausstellung: Im Land der Frühaufsteher

Die ­Comic-Reportage »Im Land der Frühaufsteher« von Paula Bulling (paulabulling.net) erzählt in einprägsamen und kunstvollen Bildern über die Lebenswirklichkeit von Flüchtlingen in Deutschland. Die Berliner Künstlerin hat im Laufe mehrerer Jahre die Flüchtlingspolitik in Sachsen-Anhalt in etlichen Gesprächen und Begegnungen mit Asylbewerber_innen in Halle, Halberstadt und Möhlau (Wittenberg) dokumentiert. In sieben Kapiteln erzählt sie vom Leben in Asylbewerber_innenheimen, alltäglichem Rassismus, dem Tod eines Flüchtlings und auch von der Suche nach einer angemessenen erzählerischen Haltung als weiße Künstlerin.

In den Räumen des ehemaligen Polizeigefängnisses ­Klapperfeld sind vom 10. bis zum 28. Oktober ­Originale aus »Im Land der Frühaufsteher« von Paula Bulling zu sehen.

Darüber hinaus wird der zweite Stock des Klapperfelds zugänglich sein, der ab den 1980er-Jahren bis zur Schließung des Gefängnisses 2003 als Abschiebeknast genutzt wurde.

Lesung & Ausstellungseröffnung:

Am 10. Oktober um 19 Uhr wird Paula Bulling im ­Rahmen der GegenBuchMasse (gegenbuchmasse.de) ihr Comic­debüt in einer bebilderten Lesung gemeinsam mit Maman ­Salissou Oumarou vorstellen. Der Filmemacher ­Oumarou ist sowohl Protagonist des Buches als auch kritischer ­Begleiter seiner Entstehung gewesen.

Im Anschluss an die Lesung wird die Ausstellung eröffnet.

Öffnungszeiten:

11. bis 15. Oktober 2012 (während der Buchmesse)
täglich von 17 bis 20 Uhr

17. bis 28. Oktober 2012
Di.: 17 – 20 Uhr | Mi.: 10 – 13 Uhr | Sa. & So.: 15 – 18 Uhr

Eintritt frei, Spenden erwünscht!

Während der Öffnungszeiten kann auch die Daueraus­stellung zur Geschichte des Klapperfelds ­besucht werden. Gruppen oder Schulklassen, die die Ausstellungen außerhalb der ­Öffnungszeiten ­besuchen möchten, können gerne einen Termin vereinbaren. Ruft einfach an (0163 9401683) oder schreibt uns eine E-Mail: info[ät]klapperfeld.de

Weitere Infos unter landderfruehaufsteher.klapperfeld.de

Initiative »Faites votre jeu!« feiert vierjähriges Bestehen mit großem Sommerfest am Samstag, den 11. August 2012

Am 2. August 2008 besetzen Aktivist_innen der Initiative »Faites votre jeu!« das ehemalige Jugendzentrum in Bockenheim und richteten dort ein selbstverwaltetes Zentrum ein. Allerdings hatte die Stadt Frankfurt andere Pläne für das Gebäude. Nach Räumungsdrohungen und Strafanzeigen kam es nach zähen Verhandlungen zum Angebot eines Ersatzobjekts: dem ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld. Maja Koster, aktiv bei »Faites votre jeu!«, erinnert sich: »Während die Stadt ihr Angebot feierte und die regionale Presse bereits vermeldete ›Hausbesetzer müssen in den Knast‹, begannen innerhalb unserer Initiative nächtelange Diskussionen. Für uns stellte sich die Frage, ob man ein selbstverwaltetes Zentrum und unseren damit verbundenen Anspruch an eine emanzipatorische Politik und Kultur an einem Ort fortführen kann, der über 100 Jahre ein Ort der Repression war.«

Im Klapperfeld wurden von 1886 bis 2003 Menschen inhaftiert. Auch die Gestapo nutzte diesen Ort zwischen 1933 und 1945. Das Klapperfeld bedeutete für viele Menschen lange Zeit Unterdrückung, Folter und Mord. Koster ergänzt: »Ernst genommen wurden wir mit unseren Bedenken damals nur von Wenigen. Während unsere Zweifel in der Presse auf ein ›Hausbesetzern ist Gefängnis zu klein‹ herunter gespielt wurden, erklärten die Vertreter_innen der Stadt, kein Verständnis für derartige Bedenken zu haben. Letztendlich einigten wir uns auf den Umzug. Für uns jedoch war klar, dass wir unser Projekt nur fortsetzen können, wenn wir uns mit der Geschichte des Hauses auseinandersetzen.«

Seit dem Umzug ist das Klapperfeld für viele Menschen zu einem wichtigen Zentrum geworden. Die Räume werden für kritische, politische, künstlerische und kulturelle Arbeit genutzt. Selbstverwaltet und unkommerziell organisiert wurde eine Dauerausstellung zur Geschichte des Ortes eingerichtet und es finden verschiedenste Veranstaltungen statt: von Zeitzeug_innengesprächen, Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen über Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen bis hin zu Barabenden und Konzerten.

Um das nunmehr vierjährige Bestehen von »Faites votre jeu!« gebührend zu feiern, lädt die Initiative alle Freund_innen, Unterstützer_innen und Interessierte am kommenden Samstag ab 16 Uhr zu ihrem Sommerfest ein. Im Hof wird es verschiedene Essenstände mit Gegrilltem, Salat, Waffeln, Kuchen und Getränken geben. Bei der Tombola können ebenso tolle wie außer­gewöhnliche Preise gewonnen werden. Außerdem wird #4 (Frankfurt, facebook.com/nmbr4) ein Unplugged-Konzert unter freiem Himmel geben. Um 17, 18 und 19 Uhr können Interessierte an Führungen durch die Dauerausstellung und das Gebäude teilnehmen und sich über die Geschichte des Klapperfelds und die Arbeit von »Faites votre jeu!« informieren. In den Ausstellungsräumen in den oberen Stockwerken kann außerdem von 17 bis 20 Uhr die Ausstellung »Aus Resten eine Welt« besucht werden, die das Lebenswerk von Stephan Kaczor (19.05.1954 – 17.04.2009) zeigt. Später am Abend, gegen 22 Uhr, werden dann im Keller des Gebäudes die Bands DiskoCrunch (Hamburg, myspace.com/diskocrunch) und The Stars’ Tennisballs (Frankfurt, myspace.com/thestarstennisballs) ein Konzert geben.
Weitere Infos zum Sommerfest und der Initiative »Faites votre jeu!« finden Sie unter faitesvotrejeu.blogsport.de.

Anhang:
Flyer zum »Faites votre jeu!«-Sommerfest


Pressemitteilung als pdf: download

Hausbesetzung in Mainz!

Heute Abend, am 3. August wurde ein Haus in der Oberen Austraße 7 in Mainz besetzt. Wir wünschen den Besetzer_innen viel Erfolg!

Aktuelle Infos findet ihr auf: sqtmz.phoenix.uberspace.de

Ausstellung: Aus Resten eine Welt

Eine Ausstellung von Rabea und Stephan Kaczor

»Es ist wie das Wahrnehmen von Gestalten in Wolken oder Felsformationen oder an verfallenen Hauswänden. Man hat etwas ausgeschnitten, um, einer Idee folgend, ein Bild zu machen. Und auf einmal beweist ein flüchtiger Blick auf das, was nicht gelten sollte, dass gerade diese zufällige Ansammlung von Schnipseln, Abschnitten – Resten also – das bessere Bild ergibt. Das Gehirn scheint dann zu funktionieren wie eine Sofortbildkamera ohne Auslöser. Es überfällt mich mit seinen Bildern, weil es weiß, dass ich sie sehen kann.«
(Stephan Kaczor)

Zur Ausstellung

»Aus Resten eine Welt« zeigt das Lebenswerk Stephan Kaczors (19.05.1954 – 17.04.2009). Zu Beginn der 70er Jahre waren seine Bilder deutlich von Surrealismus und Pop beeinflusst. In den 80ern machte sich Skizzenhaftes, Karikaturistisches breit; Zusammenhänge und Umrisse lösen sich auf. In den letzten 6 Jahren vor seinem Tod dominierten Assemblagen, Objekte und Collagen.

Die Besonderheit der Ausstellung besteht darin, dass sich die Besucher Ausstellungsstücke zur Mitnahme aussuchen können. Im Laufe der Woche gibt es die Möglichkeit, Objekte und Bilder zu wählen und diese schließlich am 12.08.2012 ab 15:00 abzuholen.
Um Spende wird gebeten.

Vernissage

Sonntag 5.8.2012, 17:00 – 20:00

Öffnungszeiten

vom 5.8.2012 – 12.8.2012: täglich 17:00 – 20:00,
Sonntag 15:00 – 20:00

Flyer als pdf: download

11. August 2012, ab 16 Uhr: »Faites votre jeu!«-Sommerfest

Gerade einmal 4 Jahre sind seit der Besetzung des JUZ Bockenheim verstrichen. Schon ein Dreivierteljahr nach der Besetzung ist die Initiative »Faites votre jeu!« eher unfreiwillig ins alte Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße umgezogen.

Es ging uns darum, unser selbstverwaltetes Projekt fortzuführen. Doch wir standen vor der großen Frage, ob und wie wir das in einem Raum tun können, der über 100 Jahre lang ein Ort der Repression war. Hier wurden von 1886 bis 2003 Menschen von der Polizei inhaftiert. Auch die Gestapo nutzte diesen Ort zwischen 1933 und 1945. Das Klapperfeld bedeutete für viele lange Zeit Unter­drückung, Folter und Mord.

Für uns war klar, dass wir unser Projekt nur fortsetzen können, wenn wir uns mit der Geschichte des Hauses auseinandersetzen; was offizielle Stellen wohl am liebsten hätten vergessen lassen.

Das Blatt jedoch hat sich gewendet, die Kugel rollt wieder. Bevor es wieder heißen könnte: »Rien ne va plus«, möchten wir gerne, gerade wegen der Ambivalenz des Ortes, hier unser vierjähriges bestehen mit euch feiern. Wir freuen uns auf auf viele weitere Jahre mit Ausstellungen, Konzerten, Diskussionen und politischen Aktionen.

Wir bleiben unbequem und wollen im gentrifizierungsbedrohten Gerichtsviertel an der Frankfurter Ostzeil weiter einen Ort bieten, der versucht, sich den herrschenden Verhältnissen zu widersetzen. Wir wollen einen Raum fern von kapitalistischer Verwertungslogik, (Alltags-)Rassimus, Antisemitismus, Heteronormativität und anderen Unterdrückungsmechanismen.

Faites votre jeu! Wir setzen alles. Solidarität mit dem räumungsbedrohten IVI im Kettenhofweg und autonomen Zentren in Frankfurt in anderswo!

Mit Livemusiken von DiskoCrunch, The Stars’ Tennis­balls und #4, sowie frischen Drinks und leckeren Snacks


Flyer als pdf: download